Enzianbaum

Enzianbaum - Blauer Nachtschatten

So blau, blau, blau blüht der – Enzianbaum

Er zählt zu den Exoten im Botanischen Garten Gütersloh: Der Enzianbaum trägt zwar eine vielbesungene Alpenpflanze im Namen, stammt aber aus Südamerika. Es ihm hierzulande recht zu machen, ist nicht leicht. Umso größer sollte die Wertschätzung für alle Gärtner sein, die ihn dennoch zum Blühen bringen.

Woher kommt der Name „Enzianbaum“?

Ja, ja, so blau, blau, blau blüht der Enzian – aber auch der Enzianbaum. Dessen Blüten ähneln in Farbe und Form denen der von Heino besungenen Pflanze, und schon war der deutsche Name gefunden. Oder besser gesagt: einer der deutschen Namen. Denn der Enzianbaum wird unter gleich mehreren Bezeichnungen im Gartenhandel angeboten: Sie finden ihn dort als Enzianstrauch, als Blauen Kartoffelbaum (ebenfalls wegen der sich ähnelnden Blüten, was niemanden wundert, der weiß, dass Kartoffeln wie Enzianbäume zur Familie der Nachtschattengewächse gehören), als Blauen Nachtschatten (eben darum) oder auch als Paraguay-Nachtschatten.

Um einer babylonische Sprachverwirrung dieses Ausmaßes im internationalen Wissenschaftsbetrieb vorzubeugen, wurden die botanischen Namen entwickelt. Diese sind zwar inhaltlich bisweilen unsinnig, aber immer eindeutig. So findet sich die Pflanze im Botaniklexikon unter „Lycianthes rantonnetii“. Der Gattungsname setzt sich aus den griechischen Wörtern „Lykion“ für eine dornige Pflanze und „anthos“ für Blume zusammen, was dem dornenlosen Enzianbaum nicht wirklich gerecht wird.

Auch der Artname hat nur im weiteren Sinne einen Bezug zur Pflanze: Er ehrt den Botaniker Barthélémy Victor Rantonnet (1797–1871). Der Franzose brachte von seinen Forschungsreisen allerlei exotische Gewächse – wie den Enzianbaum – mit, die er in seiner Wahlheimat an der ›Côte d’Azur zu vermehren versuchte. Rantonnet legte damit den Grundstein sowohl für die Begrünung der provenzalischen Mittelmeerküste mit Pflanzen aus anderen subtropischen Regionen der Erde als auch für eine erfolgreiche Karriere als Pflanzen- und Saatguthändler.

Woher stammt der Enzianbaum?

Aus jenen Gebieten Südamerikas, in denen ein subtropisches, von warmen, feuchten Winden geprägtes Ostseitenklima vorherrscht. So wird man wild wachsende Enzianbäume vor allem in Argentinien und Paraguay entdecken können.

Wo finde ich Enzianbäume im Botanischen Garten Gütersloh?

In Kübeln – denn einen mitteleuropäischen Winter würden die Pflanzen nicht überleben. Ende Oktober geht es für sie daher in die Gewächshäuser am Palmenhaus-Café. Nach dem letzten Frost der Eisheiligen im Mai bringen die Stadtgärtnerinnen und Stadtgärtner die beiden Exemplare wieder in den Mediterranen Garten.

Wie pflanze ich Enzianbäume im eigenen Garten?

Logischerweise ebenfalls in Kübeln. Doch die Überwinterung im Keller ist noch keine Gelinggarantie. Der Enzianbaum kann nur für Gartenbesitzer empfohlen werden, die gerne Zeit und Arbeit in ihre Schützlinge investieren. Denn was in Paraguay die vom Meer wehenden Passatwinde besorgen, muss in Pavenstädt der Gärtner machen: den Boden sommertags dauerhaft gleichmäßig mit (nicht zu kaltem) Wasser feucht halten.

Wer viele Blüten sehen will, sollte im Sommer außerdem regelmäßig düngen. Und darf im Winter das Kellerlicht nicht löschen: Steht der Baum dauerhaft im Dunkeln, wirft er seine Blätter ab und blüht statt ab Mai erst wieder im August – oder treibt, mit ein bisschen Pech, gar nicht mehr aus. Wie gesagt, einfacher als im eigenen Garten ist es, sich an den Exemplaren im Botanischen zu erfreuen …

Wer hätt’s gedacht?

Die botanische Erstbeschreibung eines Enzianbaums erfolgte weit entfernt von dessen ursprünglicher Heimat, nämlich im ›Muséum national d’histoire naturelle, dem Naturhistorischen Museum von Paris.

In dieser damals wichtigsten Naturforschungseinrichtung der Welt hatte 1832 ein 14-jähriger Junge zu arbeiten begonnen, der das Museum 37 Jahre später als hochgeachteter „chef jardinier“ der dortigen Baumschule verlassen sollte. Vom Lehrling zum Leiter – welch eine Karriere! Kein Wunder, bei dem Nachnamen: Élie-Abel Carrière hieß der fleißige Botaniker.

Carrière galt unter Kollegen (Kolleginnen gab es damals nicht allzu viele, Kolleg*innen noch weniger) als der Nadelbaumexperte seiner Zeit, als Koniferen-Koryphäe. 1855 publizierte er ein Standardwerk mit dem griffigen Titel „Allgemeine Abhandlung über Koniferen oder Beschreibung aller bekannten Arten und Sorten dieser Gattung mit ihren Synonymen unter Angabe der für sie anzuwendenden Anbau- und Vermehrungsprozesse“.

Danach war offenbar alles über Nadelhölzer geschrieben. Vier Jahre später legte Carrière eine Abhandlung zum Enzianbaum vor.

Südamerikaner unter sich: ein Enzianbaum neben einer Engelstrompete, im Hintergrund zwei Brasilianische Guaven


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