Weiße Engelstrompete

Weiße Engelstrompete

Berauschende Starkzehrer

Als Droge missbraucht, ist die Engelstrompete lebensgefährlich – als Zierpflanze ist die südamerikanische Staude ein Traum. Um sie in unseren Breiten großzuziehen, investiert der Gärtner zwar viel Arbeit, erntet aber im Erfolgsfall den Neid der Nachbarn, was ja bekanntlich deren höchste Form der Anerkennung darstellt.

Woher stammt der Name „Engelstrompete“?

Wer sich nicht vorstellen kann, warum die Weiße Engelstrompete so heißt, wie sie heißt, dem sei ein Ausflug an die Oberschwäbische Barockstraße oder in eine der zahlreichen bayerischen Rokokokirchen empfohlen. Gewiss wird er dort manch himmlisches Orchester aus Putten, Jubel- und Musik-Engelchen entdecken, die als Bildnis oder Skulpturen um die Kanzeln, Altäre, Orgeln und Beichtstühle schwirren. Die trichterförmigen Blüten der Engelstrompete könnten dort jederzeit als „Ersatzinstrument“ eingefügt werden.

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Auch der botanische Name „Brugmansia × candida“ ist schnell erklärt: „Brugmansia“ ehrt den niederländischen Botaniker und Mediziner ›Sebald Justinus Brugmans, der sich um die Erforschung des Wundbrands verdient gemacht hatte. „candida“ ist lateinisch und heißt glänzend weiß“.

Woher stammt die Engelstrompete?

In ihrer Heimat, den Anden, wird die baumartige Staude bis zu acht Meter hoch. Hierzulande sind für sie üblicherweise nach der Hälfte der Höhe die Grenzen des Wachstums erreicht. Bei „Brugmansia × candida“ handelt es sich um eine Kreuzung zwischen der Baumartigen und der Goldenen Engelstrompete, die spontan, d.h. ohne Zutun des Menschen stattfand. Erst 1973 wurde durch künstliche Kreuzung nachgewiesen, dass es sich bei der Weißen Engelstrompete um eine Hybride handelt.

Wo finde ich die Engelstrompete im Stadtpark?

Wenn der aktuelle Jahrgang über entsprechendes musikalisches Talent verfügt, beim Pfingstkonzert des ESG-Posaunenchors. Die hier beschriebene Pflanze finden Sie dagegen in den warmen Monaten als Kübelpflanzen im Mediterranen Garten vor dem Palmenhaus-Café (dort leider fälschlicherweise mit „Stechapfel“ beschriftet). 

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Wie pflanze ich die Engelstrompete im eigenen Garten?

Mit viel Engagement und einem großen grünen Daumen. Engelstrompeten brauchen sehr nährstoffreichen Boden, denn sie sind sogenannte Starkzehrer (ein schöner Begriff, den man auch als Entschuldigung nutzen kann, wenn man sich vor dem Schlafengehen noch ein Nutella-Croissant schmiert: „Ich brauche das, ich bin Starkzehrer…“).  

Der Appettit verwundert nicht, wenn man sich ihr rasantes Wachstum und ihre Blütenfülle vor Augen führt. Sennesand ist nun das Gegenteil dessen, was Engelstrompeten gedeihen lässt, deshalb sollten Sie gute Blumen- bzw. Kübelpflanzenerde besorgen, ein- bis zweimal am Tag wässern und mehrfach in der Woche düngen. Vor den ersten Minustemperaturen müssen die frostempfindlichen Pflanzen ins Winterquartier verbracht werden.

Wozu der ganze Stress? Für die bewundernden Blicke der Nachbarn, wenn Sie in Ihrem Garten oder auf Ihrer Terrasse von Juni bis September unter einem exotischen Blütenregen sitzen!

Wer hätt´s gedacht?

Indigene Völker in Südamerika setzten Blüten, Blätter und Wurzeln der Engelstrompete schon immer als Rauschmittel ein. Dabei durchleben die Konsumenten fiebertraumähnliche Zustände und Halluzinationen. Oft können Sie dabei nicht mehr zwischen Rausch und Realität unterscheiden. Der Hauptwirkstoff der Weißen Engelstrompete, Scopolamin, wirkt am Ende immer lähmend, schon bei geringen Dosen fällt der Benutzer in tiefen Dämmerschlaf.

Es soll Stämme gegeben haben, die ungezogene Kinder damit ruhigstellten, was noch eine harmlosere Verwendung ist. Von den Chibcha berichteten die spanischen Eroberer, sie hätten Frauen und Sklaven verstorbener Häuptlinge einen Trank aus Tabak, Mais und Engelstrompete verabreicht, um sie zusammen mit den Toten lebendig begraben zu können. Hierzulande war es nur unwesentlich besser: In den europäischen „Heilanstalten“ des 19. Jahrhunderts setzten Ärzte Extrakte aus Engelstrompete ein, um psychisch auffällige Patienten zu „beruhigen“ – eine eher beunruhigende Vorstellung.

In heutiger Zeit kam es zu tragischen Todesfällen unter jugendlichen Drogenkonsumenten, die die Wirkung der Pflanze dramatisch unterschätzten. Eine Todesgefahr lauert in den „selbstgefährdenden Verhaltensweisen“: Die Konsumenten glauben, unsterblich zu sein oder fliegen zu können und probieren dies auch aus. Zum anderen drohen sie mit den Halluzinationen in ein lang anhaltendes Delirium zu fallen und schließlich an Herz-Kreislauf-Versagen zu sterben.

Unsere Empfehlung: Belassen Sie es dabei, sich im Botanischen Garten allein am Anblick der blühenden Engelstrompeten zu berauschen …



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