„Die Anlagen des neuen Stadtparks sind nunmehr seit einigen Wochen fertig. Er erstreckt sich etwa vom Dalkestrand in Sundern bis zur Eiswiese und macht einen prächtigen Eindruck.“ So verkündete es am 26. August 1909 stolz die örtliche Zeitung.
Erholungsstätte im Freien, für Jugend und Volk
Angeregt worden war die Anlage eines Stadtparks vom Verschönerungsverein, heute ›Verkehrsverein, der ab 1903 Spenden für einen „Stadtwald“ oder auch „Erholungsplatz“ sammelte. Schon 1904 konnte er der Stadt das Angebot machen, 10.000 Mark aus Spenden der Einwohner für eine etwaige Anlage beizusteuern. Eine stattliche Summe, bedenkt man, dass Gütersloh bei der Volkszählung 1905 gerade einmal 7.300 Einwohner zählte.
Weitsicht und Sorge für die Bürger bestimmten schon damals die Überlegung, einen Stadtpark anzulegen. Der wirtschaftliche Aufschwung, eine damit einhergehende starke Bautätigkeit, eine Flurbereinigung sowie die Anlegung und Verbreiterung von Verkehrswegen führten zu einem erheblichen Verlust an Grünflächen im Stadtgebiet. Zeitgleich hatte die Industrialisierung zugenommen, die Lebens- und Umweltbedingungen änderten sich, so dass der Ruf nach einer „Erholungsstätte im Freien, für Jugend und Volk“ laut wurde.
Hitzige Diskussionen
Es gab aber auch Gegenstimmen. „Hat denn die Stadt Gütersloh nichts Nötigeres zu tun, als die Anlegung eines Stadtwaldes zu unterstützen?“ heißt es in der Zuschrift eines Zeitungslesers. Und: „Es ist dem Arbeiter lieber, dass man ihm Wege schaffe, auf denen er im Winter wenigstens mit trockenen Füßen seine Arbeitsstelle erreichen kann, als dass man einen Stadtwald schaffe und ersteres wird auch vom gesundheitlichen Standpunkt besser und richtiger für ihn sein.“ Auch die mit diesem Projekt verbundenen Grundstücksfragen ließen hitzige Diskussionen entstehen.
Dennoch stimmten die Stadtverordneten 1908 dem Antrag des Magistrats zu, dass der Stadtpark unter der Leitung des Gartenarchitekten Friedrich Wilhelm Schoedder aus Iserlohn (Vater des Malers ›Paul Hermann Schoedder) angelegt werden soll, teilweise als Park, teilweise als Wald.
Ein Volksgarten entsteht
Nicht allein ästhetische Kriterien sollten dabei das Gelände prägen, stattdessen sollte der ›Volksgarten-Charakter im Vordergrund stehen: Gewünscht wurde ein Park, der allen Bevölkerungsschichten zur Erholung, aber auch als Spiel- und Bewegungsfläche dient. Schoedder plante den Park als englischen Landschaftsgarten mit Sichtachsen, Rasenflächen und Baumpflanzungen zur Kulissenbildung, alles im Stil der ›Lenné–›Meyerschen Schule. Die Arbeiten führte 1908/09 der für Schoedder tätige Paul Roehse durch.
1912 wurde Karl Rogge als erster Stadtgärtner der Stadt eingestellt. Er hatte zuvor in der britischen Kap-Kolonie (heute Südafrika) gearbeitet und dort die Reformbewegung der Gartenkunst kennengelernt.
Rogge legte einen Botanischen Garten an. Er komponierte einen Blumen- und Schaugarten, dessen Harmonie sich in der Konzeption der Laubengänge, der Wasserspiele, des Verhältnisses von Beeten, Hecken, Rasenflächen und Bäumen erschließt – ein gelungenes Spannungsverhältnis von architektonischer Gestaltung, Raumbildung und pflanzlicher Vielfalt.
Im Zweiten Weltkrieg wurde der Park durch seine innenstadtnahe Lage schwer in Mitleidenschaft gezogen. Viele Bomben vielen auf das Gelände und zerstörten dabei auch Wohnhäuser in der Emilien-, Bad- und Parkstraße.
Zu allem Unglück des Krieges kam 1946 auch noch die schlimmste Hochwasserkatastrophe in der Stadtgeschichte hinzu. In den Abendstunden des 8. Februar trat die Dalke über ihr Ufer und überschwemmte weite Teile der Innenstadt. Der Schaden im Stadtpark und Botanischen Garten war immens. Für die Sanierung der Wege, den Auftrag neuen Mutterbodens, die Neubepflanzung der Beete und die Fuhrlöhne musste die Stadt Gütersloh 19.000 Reichsmark aufbringen.
Es sollte nicht die letzte Überschwemmung sein: Auch Anfang Dezember 1960 überflutete die Dalke nach tagelangen Regenfällen einen Teil des Stadtparks. Heutzutage, so versichert die Stadt, sei ein solches Szenario dank des Hochwasserschutzes nicht mehr denkbar. Im Stadtpark trägt die Dalkeaue dazu bei, Wasser bei steigendem Pegel aufzunehmen.
Gestalterische Harmonie zerstört und wiederhergestellt
Nicht nur diese Naturkatastrophe, auch der Zeitgeschmack gefährdete die Ursprünglichkeit der Anlage. So wurde Rogges Konzeption durch einige Veränderungen zwischen 1959 und 1970 unterbrochen. Dazu gehörten der Ausbau des Gartens am Gewächshaus im Jahre 1959 und die Umgestaltung des Rosengartens im Jahre 1963. Mit den Veränderungen in diesen Teilbereichen wurde der harmonische Übergang vom architektonischen zum landschaftlichen Teil des Gartens unterbrochen. Zu dichte Pflanzenbestände und ein schlechter Zustand der Wege beeinträchtigten zusätzlich das Erscheinungsbild.
1992 ließ die Stadt Gütersloh den Garten komplett renovieren. Abgängige Bereiche wurden anhand von alten Plänen oder Fotografien rekonstruiert, störende Veränderungen, welche die Harmonie der Gesamtkonzeption beeinträchtigten, rückgängig gemacht oder die Bereiche neu gestaltet.
In den Jahren 1997/98 wurde der „Botanische“ um zusätzliche Gartenbereiche mit unterschiedlichsten Themenschwerpunkten erweitert. Die Gestaltungskonzeption orientierte sich dabei an der räumlichen Struktur des historischen Grundgerüstes und entwickelte diese gestalterisch weiter.
Erlebnisreiche, intensiv gestaltete Gartenräume korrespondieren seitdem mit ruhigen, extensiven Bereichen. Im nördlichen Bereich übernimmt der Sonnengarten die Überleitung zur historischen Gestaltung. Teil des Sonnengartens ist der beliebte Apothekergarten. Einen ökologischen Schwerpunkt bildet der Naturnahe Garten, der an den kleinen Senkgarten anschließt – um einige der Themengärten zu nennen.
Im Jahr 2000 wurden der Stadtpark und der Botanische Garten als schützenswertes Gesamtwerk in die ›Denkmalliste der Stadt Gütersloh aufgenommen.
Den Park in seiner Schönheit erhalten
Was mit Friedrich-Wilhelm Schoedder, Paul Roehse und Karl Rogge begann, umfasst heute eine Fläche von rund 25 ha, um die sich das Team des Fachbereichs Grünflächen der Stadt Gütersloh sorgt. Diese Arbeit zu unterstützen, hat sich der Förderkreis Stadtpark-Botanischer Garten zur Aufgabe gemacht. Besonders aber in Zeiten immer knapper werdender öffentlicher Mittel ist es unser Anliegen, dazu beizutragen, den Stadtpark in seiner Schönheit für alle Bürger und Besucher zu erhalten.