Schirmbambus

Schimbambus

Garten-GAU in Blankenese

Der immergrüne Schirmbambus bringt fernöstliches Flair in ostwestfälische Gärten und ist dabei anspruchslos, pflegearm und frosthart bis -25 Grad. Doch dass er bei Gärtnern derart beliebt ist, hat noch einen anderen Grund.

Woher stammt der Name „Schirmbambus“?

Ihren deutschen Namen „Schirmbambus“ (ebenso wie ihren englischen „umbrella bamboo“) trägt die Pflanze wegen ihrer zu allen Seiten überhängenden, bis zu 3 Meter hohen Stängel.

Ihr botanischer Gattungsname „Fargesia” verewigt den französischen Missionar Paul Farges. Der hatte während seiner Tätigkeit in China rund 4.000 Pflanzen für das Pariser Naturkundemuseum gesammelt – man fragt sich ja immer, ob die Missionare so viel Zeit hatten, weil sich die Chinesen ohnehin nicht fürs Christentum begeistern ließen, oder ob umgekehrt ganz China heute katholisch sein könnte, wenn die Missionare damals nicht alle botanisierend durch die Bambuswälder gezogen wären. Jedenfalls schickte Farges 1892 getrocknete Blätter des Schirmbambus nach Paris, wo man diesen gleich als neue Art identifizierte.

15 Jahre später kämpfte sich der legendäre Pflanzenjäger Ernest Henry Wilson, genannt „Chinesen-Wilson“, durch die Bergwälder und Ebenen Chinas. Seine schwangere Frau hatte er zuhause gelassen, um im Auftrag der Harvard University neue Pflanzenarten für den Botanischen Garten der Eliteuni zu finden. Tatsächlich entdeckte er ein Exemplar des Schirmbambus, das so seinen Weg nach Boston fand. Als Wilson von der Expedition zurückkehrte, hatte seine Tochter Muriel bereits ihren 1. Geburtstag gefeiert. Ihr zu Ehren – und vielleicht auch ein wenig seines schlechten Gewissen wegens – benannte er die Bambusart nach ihr: „Fargesia murieliae”.

Woher stammt der Schirmbambus?

Wilson hatte seinen Schirmbambus eigenhändig in der zentralchinesischen Provinz Hubei ausgebuddelt. Diese eine Pflanze sollte Karriere machen. Um sie zu vermehren, teilten die Gärtner in Boston sie per Hand. Den Kollegen des Botanischen Gartens in London schenkten sie 1913 einen Ableger der Wilson´schen Pflanze. Von Boston und London aus verbreitete sich der Schirmbambus in ganz Nordamerika und Europa. Fast alle Exemplare außerhalb der natürlichen Vorkommen in China gehen auf die eine, von Wilson Anfang des 20. Jahrhunderts nach Amerika eingeführte Pflanze zurück.

Schirmbambus

Wo finde ich einen Schirmbambus im Botanischen Garten?

Unweit von der Hyazinthenwiese, zwischen der Schutzhütte mit den Vogelbestimmungstafeln (am Eingang zum Lavendelgarten) und dem Mammutblatt, sowie am Flamingotümpel.

Wie pflanze ich Schirmbambus im eigenen Garten?

In bester Gesellschaft. Der Schirmbambus ist die am häufigsten gepflanzte Bambusart in deutschen Gärten, und das hat einen Grund: Andere Arten sind wegen ihres recht aggressiven Wurzelwerks gefürchtet, das sich zunächst unbemerkt unterirdisch ausbreitet und später kaum bis gar nicht zu stoppen ist. Selbstgebastelte Rhizomsperren versagen regelmäßig, Bambus sprengt selbst Gehwegplatten. Der Schirmbambus dagegen bildet solche Ausläufer quer durch den Garten nicht, sondern wächst horstförmig an einer Stelle.

Wer hätt´s gedacht?

Der Bambus muss sich geradezu über Rhizome ausbreiten, denn dass er blüht und Samen verbreiten kann, geschieht nur höchst selten – beim Schirmbambus alle 80 bis 120 Jahre. Da wie beschrieben quasi alle Schirmbambus-Exemplare in der westlichen Welt vom Wilson´schen Exemplar abstammen, begannen sie alle zeitgleich zu blühen. So standen zwischen 1996 und 2004 auch in Deutschland rund fünf Millionen Bambuspflanzen in Blüte.

Was zunächst schön klingt, war für die Bambusbesitzer ein großes Ärgernis: Die Pflanze verbraucht all ihre Kraft für die Blüte, 99 von 100 Exemplaren sterben danach ab. Dokumentiert ist der Fall eines Hamburger Villenbesitzers, der sich für 45.000 D-Mark eine Bambus-Hecke um seinen Garten gepflanzt hatte, die er ein Jahr später aufwendig entsorgen durfte – der Garten-GAU. Aus den Samen des blühenden Bambus wurden neue Exemplare herangezogen, die nun die nächsten Jahrzehnte nicht wieder blühen werden.

Apropos, kann Bambus überhaupt eine Hecke bilden? Die Regelung in § 16 des Nachbarrechtgesetzes legt nahe, dass eine Hecke ein Gehölz sein muss. Botanisch gesehen gehört Bambus aber zu den Süßgräsern. Die Frage landete vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe, weil sich zwei Nachbarn über den Rückschnitt stritten. Dort entschied man: Wesentlich für eine Hecke sei „die Geschlossenheit der Pflanzenkörper, der Verbund zu einer wandartigen Formation“, und die sei bei Bambus gegeben. Das Gericht verurteilte den Beklagten, seinen Bambus auf eine Höhe von 1,80 Metern zurückzuschneiden.



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