Blumengruß von ganz oben
Die Echte Schlüsselblume zaubert im April und Mai gelbe Farbtupfer in Beete und Wiesen. Weil sie in freier Natur nur noch selten zu finden ist, lohnt sich der Besuch im Botanischen Garten – aber der lohnt sich ja eigentlich immer …
Woher stammt der Name „Echte Schlüsselblume“?
Wohl jeder von uns hat schon einmal seine Schlüssel verlegt. Meist stellt sich dann heraus, dass er einfach nur vom Schlüsselbrett gerutscht war. Da hat man es leichter als der heilige ›Petrus: Dem Wächter des Himmelstores sollen einer Legende nach seine Schlüssel geradewegs hinunter auf die Erde gefallen sein. Wo der goldene Schlüsselbund auf den Boden traf, wuchs die erste Schlüsselblume.
Ob Petrus den Einlass an der Himmelspforte fortan mit einem Strauß Schlüsselblumen in der Hand steuerte, ist nicht überliefert. Aber offenbar fanden die Menschen schon vor einem halben Jahrtausend – so alt ist die Legende –, dass die Blütendolde einem Schlüsselbund ähnelt. Alternativ kann man auch im kompletten Blütenstand einen Schlüssel erkennen: Der Stängel bildet das Schlüsselrohr, die Blüten des Schlüsselbart – auch das lassen die Sprachforscher als Erklärung für den Namen gelten. Zugegeben: Ohne etwas Vorstellungskraft sieht der Betrachter lediglich, nun ja, eine Wildstaude; eine gesunde Fantasie bildet den Schlüssel dafür, die Frage nach der Namensherkunft schlüssig beantworten zu können.
Botaniker haben dieses Schlüsselproblem nicht, sie nennen die Pflanze „Primula veris”, auf Deutsch „Erste des Frühlings“. Das allerdings ist etwas übertrieben; Winterlinge, Schneeglöckchen, Krokusse und andere Frühblüher künden meist deutlich vor den Schlüsselblumen, oft schon im Februar die Ankunft des Frühlings an. Die Schlüsselblumen dagegen blühen im April und Mai.
Woher stammt die Echte Schlüsselblume?
Echte Schlüsselblumen sind auf Wiesen und an Waldrändern in ganz Europa und Westasien zu finden. Das Verbreitungsgebiet ist also riesig, dennoch ist die Pflanze gebietsweise selten. Zu diesen Gebieten gehören ausgerechnet Nord- und Mitteldeutschland und damit auch Ostwestfalen. Hierzulande ist die Schlüsselblume bereits 1980 als gefährdete Art unter Naturschutz gestellt worden. Umso schöner, dass die Wildstaude im Botanischen Garten zu bewundern ist.
Wo finde ich Echte Schlüsselblumen im Botanischen Garten Gütersloh?
Rechts in den Beeten auf dem Weg vom historischen Eingang an der Badstraße zu den saisonal bepflanzten Beeten im Zentrum.
Wie pflanze ich Echte Schlüsselblumen im eigenen Garten?
Im Herbst. Und am besten, indem Sie zuvor sicherstellen, dass es sich um eine echte Echte Schlüsselblumen handelt, also um die reine Wildform Primula veris. Im Gartenhandel werden unter dem Etikett „Echte Schlüsselblume“ eine Reihe von farbintensiveren, blütenreicheren, kurz: schöner anzusehenden Hybriden, also Züchtungen angeboten. Diese haben aber den Nachteil, dass sie den westfälischen Winter nur mit menschlicher Hilfe überleben und vor dem ersten Frost mit Gartenvlies, Lauberde, Stroh oder Nadelreisig abgedeckt werden müssen. Die Wildform ist dagegen frosthart.
Im Sommer mögen es die Echten Schlüsselblumen sonnig und trocken. Sie gehören damit winters wie sommers zu den eher pflegearmen Pflanzen, an denen auch solche Gartenbesitzer Freude finden, die eigentlich keine Zeit für ihren Garten haben.
Wer hätt’s gedacht?
Wie der botanische Name verrät, ist die Echte Schlüsselblume der Pflanzengattung der Primeln zuzuordnen. Sie bildet eine von rund 500 Primelarten; Primeln kommen auf der gesamten Nordhalbkugel vor, in Peking, in Pittsburgh, in Paris und in Pavenstädt. Wissenschaftler haben beim Vergleich der einzelnen Arten ein bemerkenswertes Phänomen entdeckt: Primelarten, die von Niederungen bis ins Mittelgebirge zu finden sind – wie die Echte Schlüsselblume –, blühen in gelblichen Farbtönen. Primelarten in Bergregionen weisen häufig purpur- und rosafarbene Blüten auf.
Die Forschern glauben, dass die Pflanzen ihre Blütenfarbe dem vorherrschenden Insektenvorkommen im jeweiligen Lebensraum angepasst haben. In unteren Höhenlagen übernehmen vorwiegend Bienen ihre Bestäubung, und Bienen bevorzugen beim Anflug ein kräftiges Gelb, das sie mit fruchtigem Nektar assoziieren (während sie z. B. Rottöne überhaupt nicht wahrnehmen können). In den Bergräumen werden Primeln überwiegend von Schmetterlingen bestäubt, die weniger wählerisch sind und alle Blütenfarben anfliegen.
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