Frühlings-Christrose

Frühlings-Christrose (Orientalische Nieswurz) im Botanischen Garten Gütersloh

Darüber lacht der Römer

Staudenpapst Karl Foerster nannte sie eine „merkwürdige Pflanze, der es Spaß macht, Winter und Welt auf den Kopf zu stellen.“ Wie alle Arten ihrer Gattung blüht auch die Frühlings-Christrose in den dunkelsten und kältesten Monaten des Jahres. Die zahlreichen Züchtungen zaubern die komplette Farbpalette in den ansonsten oft noch tristen Garten – im Botanischen Garten sind sogar Blüten in „Blue Metallic“ zu bewundern …  

Woher stammt der Name „Frühlings-Christrose“?

Die Christrose – um die es hier nicht geht – wurde so gezüchtet, dass sie zur Weihnachtszeit blüht. Die Frühlings-Christrose, auch Lenzrose genannt, erinnert äußerlich an die Christrose, ist aber eben etwas später dran. Meist zeigt sie im Vorfrühling ihre ersten Blüten. Ob Christrose oder Frühlings-Christrose – mit Rosen haben beide Pflanzen botanisch gesehen nichts am Hut. Der Volksmund gab ihnen den Namen, weil ihre Blütenblätter an Rosenblätter erinnern.

Der etwas wissenschaftlichere Name für die Pflanze lautet „Orientalische Nieswurz“. Den hört und liest man aber nur selten. Warum? Nun, wenn Sie ein Gartencenter besäßen, wie würden Sie die Pflanze bezeichnen, um möglichst viele Exemplare zu verkaufen? Als „Frühlings-Christrose“ oder als „Orientalische Nieswurz“? Eben.

Botanisch heißt die Frühlings-Christrose „Helleborus orientalis“. Der Gattungsname weist auf die Giftigkeit der Pflanze hin: Mutmaßlich verbindet er die griechischen Wörter „hellein“ für „töten“ und „bora“ für „Speise“ und warnt so schon davor, Helleborus-Arten im Übermaß zu sich zu nehmen (siehe dazu auch die Stinkende Nieswurz). Den Artnamen „orientalis“ verstehen auch Nicht-Lateiner, spätestens nach Lektüre des nächsten Absatzes.

Woher stammt die Frühlings-Christrose?

Dem botanischen Namen nach „aus dem Orient“, also aus dem Osten. Wobei es natürlich eine Frage des Standorts ist, wo sich „der Osten“ befindet. Aus eurozentristischer Sicht bedeutet es in diesem Fall: in der Türkei und der Kaukasus-Region zwischen dem Schwarzen und dem Kaspischen Meer.

Frühlings-Christrose Metallic Blue Lady

Wo finde ich die Frühlings-Christrose im Botanischen Garten Gütersloh?

Am Weg unter der großen Buche gegenüber der Tulpen-Magnolie. Die spezielle Sorte, die dort gepflanzt ist, heißt ‚Metallic Blue Lady’ (siehe Foto oben) und besticht laut Staudengärtnerei durch „auffallend schöne, dunkelpurpurfarbene Blüten mit metallisch purpurbläulichem Schimmer“. Auf der anderen Seite des großen Rasens steht die weißblühende Sorte ‚White Spotted Lady’ (siehe Foto unten).

Frühlings-Christrose White Spotted Lady

Wie pflanze ich die Frühlings-Christrose im eigenen Garten?

Nicht im Sommer, denn dann befindet sie sich einer „Ruhezeit“ und wächst nicht gut an. Ihr Wurzelwachstum findet im Winterhalbjahr statt, weshalb zwischen Spätherbst und Frühjahr die beste Pflanzzeit ist. Obwohl sie extrem winterfest ist, mag sie es im Sommer lieber hell und warm; zumindest bildet sie an schattigen Standorten weniger Blüten aus. Um die Pflege brauchen Sie sich nur wenig Gedanken zu machen. Helleborus-Arten gehören zu den Pflanzen, die am besten wachsen, wenn man sie in Ruhe lässt.

Wer hätt’s gedacht?

Die Giftigkeit der Helleborusarten war schon im Altertum bekannt. Das hat die Menschen aber nie davon abgehalten, die Pflanze auch als Heilmittel zu verwenden, und sei es nur, um bei Vergiftungen ein Erbrechen auszulösen.

Mit diesem Ziel wurde auch Patienten mit Wurmerkrankungen Helleborus-Extrakte zu trinken gegeben. Wenn sich der Wurm im Magen befand, mag das sogar zum Erfolg geführt haben. Hatte er sich aber schon im Darmtrakt eingenistet, zeigte das Erbrechen keine Wirkung. Dann wurde die Prozedur wiederholt, was im schlimmsten Fall mit dem Tod des Patienten endete. Es sind tragische Fälle aus dem 19. Jahrhundert dokumentiert, in denen Eltern auf diese Weise ungewollt ihr Kind vergifteten.

Zum Schluss etwas Erheiternderes. Wir haben in unseren Pflanzenporträts schon viele alte Witze aufgewärmt, aber in dieser zitieren wir einen Witz mit einem zweitausend Jahre alten Bart. Er fasst gelungen das Dilemma der gleichzeitigen Nutzung als Gift- und Heilpflanze  zusammen. Bei den Römern galt Helleborus als Mittel, das Wahnsinn (wie immer man den definiert) kurieren könne. In einer Komödie von Plautus, um 200 v. Chr. uraufgeführt, verschreibt der Arzt einem solch wahnsinnigen Patienten die Einnahme von Helleborus: „Du wirst Nieswurz trinken!“ Was der Patient mit den Worten ablehnt: „Ich bin doch nicht verrückt!“



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