Schlafmohn

Schlafmohn

Nur gucken, nicht pflanzen!

Die heutige Folge will der Autor dieser Kolumne mit einer sehr persönlichen Erinnerung beginnen: Als Kind war er lange Zeit davon ausgegangen, dass Mohnbrötchen nach Reinhard Mohn benannt sind und bei Bertelsmann gebacken werden. Erst als ihm klar wurde, dass Sesambrötchen nicht in der Sesamstraße hergestellt werden, hinterfragte er auch die Entstehung der Mohnbrötchen – sowas kann auch nur Gütersloher Kindern passieren.

Heute kennt er die Wahrheit über Mohn. Dazu zählt auch, dass der Anbau von Schlafmohn in Deutschland verboten ist. Doch für wissenschaftliche Zwecke wird eine Ausnahme gemacht. Zum Glück – sonst bliebe den Besuchern des Apothekergartens in Gütersloh eine der ältesten Kulturpflanzen der Menschheit vorenthalten.

Woher stammt der Name „Schlafmohn“?

Papaver somniferum lautet der wissenschaftliche Name des Schlafmohns. Das Mittellateinische „pappa“ bezeichnete einen Milchbrei für Kinder (daher auch „Ich bin pappsatt.“) Carl von Liné wählte den Namen wegen des Milchsafts, der die ganze Pflanze durchzieht und geerntet werden kann. In getrockneter Form bildet er das Rauschgift ›Opium.

Die Artbezeichnung „somniferum“ bedeutet „schlafbringend“. Schon die alten Griechen, genauer: die jungen Eltern der alten Griechen nutzten die Pflanze als Schlafmittel, um brüllende Kinder ruhigzustellen.  

Woher stammt der Schlafmohn?

Die Heimat des Schlafmohns vermuten Archäologen im westlichen Mittelmeerraum. Nachgewiesen wurde seine Verwendung als Nutzpflanze schon für die Jungsteinzeit um etwa 6000 v. Chr.

Wo finde ich Schlafmohn im Botanischen Garten Gütersloh?

Zwischen Juni und August sind die Blüten im Apothekergarten unübersehbar.

Wie pflanze ich Schlafmohn im eigenen Garten?

Wegen der enthaltenen Opiate nur mit einer schriftlichen Genehmigung der ›Bundesopiumstelle, selbst wenn es sich nur um eine einzige Pflanze handelt. Ein Antragsformular finden Sie auf der Webseite des ›Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, es trägt den einprägsamen Titel „Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 Betäubungsmittelgesetz (BtMG) zum Anbau von Papaver somniferum“. Eine Kopie Ihres Personalausweises sowie eine Karte Ihres Gartens mit eingezeichneter Pflanzstelle sind dem Antrag beizulegen. Die Anbauerlaubnis wird für maximal 10 qm erteilt, auf drei Jahre befristet und mit 95 Euro in Rechnung gestellt. Immer noch Lust auf Schlafmohn im Garten?

Allerdings kann es passieren, dass sich die Pflanze selbst aussät – so ein Schlafmohn liest in der Regel kein Betäubungsmittelgesetz. Ob Sie dann zur Selbstanzeige verpflichtet sind, ist dem Gesetzestext leider nicht zu entnehmen.

Wer hätt’s gedacht?

Nachfolgend fünf Fakten zum Schlafmohn aus dem Handbuch des unnützen Wissens:

  1. Im alten Rom war Schlafmohn eine Droge der oberen Gesellschaftsschicht. Bei einer Inventur des Palastes von Kaiser ›Caracalla im Jahre 214 wurden 17 Tonnen Opium registriert.
  2. Bei Drogentests mit Hilfe von Urinproben ist nicht zu unterscheiden, ob die Person Rauschgift konsumiert oder in übertriebenem Maße ›Mohnkuchen, Mohnbrötchen, Mohnstrudel, ›Mohnpielen, ›Mohnnudeln, ›Mohnzelteln und ›Germknödel verzehrt hat. In deutschen Gefängnissen ist daher der Verzehr von mohnsamenhaltigen Speisen verboten.
  3. Die Mohnkapsel war das Symbol für ›Morpheus, den griechischen Gott des Traumes. Nach diesem benannte der Paderborner Apotheker ›Friedrich Sertürner das Opiat Morphium bzw. Morphin, das er 1804 entdeckt hatte.
  4. Das ›Bundesinstitut für Risikobewertung sieht prinzipiell keine Gefahr im sonntäglichen Verzehr von Mohnbrötchen: Beim Backen reduziert sich die Morphinmenge um bis zu 90 %. Allerdings ist der Fall eine Mutter aus Bayern aktenkundig, die nach dem Vorbild der alten Griechen für ihren Säugling einen Schlaftrunk aus Milch und Mohn zubereitete. Das Baby bekam Atem- und Bewusstseinsstörungen, die Opiat-Vergiftung musste klinisch behandelt werden.
  5. Sechs Länder dürfen unter Aufsicht der Vereinten Nationen Opium legal produzieren: Türkei, Indien, Australien, Frankreich, Spanien und Ungarn. Illegal wird Schlafmohn in sehr viel mehr Ländern angebaut. Hochburgen sind Afghanistan und das sogenannte Goldene Dreieck Laos, Thailand, Myanmar.


Mehr Stauden und Bäume im Stadtpark und Botanischen Garten Gütersloh:


Mehr Pflanzenporträts …

… finden sich im humorvollen Stadtpark-Führer „Ab in die Botanik“ unserer Mitglieder Matthias Borner und Daniela Toman. Das ebenso informative wie unterhaltsame Buch mit mehr als 200 Fotos können Sie auf der Seite ›www.guetersloherisch.de erwerben und sich versandkostenfrei zuschicken lassen.


Lesen Sie als nächstes …

Kugelahorn

Eine Gütersloher Tradition Diese Folge ist einem besonderen Gewächs des Botanischen Gartens Gütersloh gewidmet: dem Kugelahorn im Zentrum der Saisonalen Beete. Woher stammt der Name „Kugelahorn“? Der Kugelahorn ist eine… Weiterlesen