Waldmeister

Waldmeister

Der Meister des Waldes

Großstadtkinden (nur Kindern?), die glauben, ›Kühe seien lila, muss man vielleicht erklären: Nein, Waldmeister ist nicht nur eine Wackelpuddingsorte oder eine Brausepulver-Geschmacksrichtung, sondern auch eine Staude. Und zwar eine Wildstaude, die der Mensch schon seit mehr als tausend Jahren in Kultur genommen hat. So lange schon nutzt er sie für die verschiedensten Zwecke: als Heilpflanze, als Mittel zur Vertreibung vor Hexen und Dämonen (tatsächlich hält der Duft Mücken und Wühlmäuse fern), vor allem aber als unverzichtbarer Aromazusatz bei der Herstellung einer Maibowle.

Woher stammt der Name „Waldmeister“?

Die Sprachforscher haben mehrere Theorien, aber keine, auf die sich alle einigen könnten. Ist der Waldmeister „der Meister des Waldes“, also die prägendste Pflanze im Wald? Es gibt sogenannte Waldmeister-Buchenwälder, bei denen das tatsächlich zutrifft. Oder preist der Name die „meisterhafte Heilkraft“ der Staude, die im Mittelalter in keinem Klostergarten fehlen durfte? Oder war der Waldmeister ursprünglich eine „Waldmiere“ oder ein „Waldmoos“, und allein der etwas nuschelnde Volksmund hat ihn im Laufe der Zeit in den Stand eines Meisters gehoben?

Waldmeister

Leichter ist der botanische Name „Galium odoratum“ zu erklären. Galium (vom Griechischen gala = Milch) heißt die Gattung der Labkräuter, und das tut sie, weil diese Pflanzen in früheren Zeiten als Säuerungsmittel bei der Käseherstellung verwendet wurden. „odoratum“ bedeutet „wohlriechend“ – dieser Artname ist im Falle des Waldmeisters absolut gerechtfertigt.

Woher stammt der Waldmeister?

Waldmeister wächst in den gemäßigten Breiten der gesamten Nordhalbkugel, von Mitteleuropa bis nach Ostasien. In Nordamerika breitete er sich mit Ankunft der ersten europäischen Siedler aus.

Wo finde ich Waldmeister im Botanischen Garten?

An verschiedenen Stellen. Ein größerer Bestand wächst am Abzweig des Weges vom Geruchstunnel zur Birkenwiese sowie am Eingang zum Palmenhaus-Café.

Wie pflanze ich Waldmeister im eigenen Garten?

Unter Bäumen und Sträuchern. Seine natürliche Heimat sind feuchte Waldböden. Sonne mag der Waldmeister daher gar nicht. Umso geeigneter ist er als Bodendecker im Schattengarten. In Trockenperioden sollten Sie ihn gießen, düngen müssen und sollten Sie ihn dagegen nie. Prinzipiell bedarf es für die Pflege dieser Wildstaude kaum Zeit – am ehesten noch dafür, die Auswüchse einzudämmen. Waldmeister neigt zum Wuchern, lässt sich aber mit seinen flachgelegenen Wurzeln leicht aus dem Boden zupfen.

Wer hätt´s gedacht?

Keine Maibowle ohne Waldmeister. Die Benediktinermönche aus der Abtei Prüm in der Eifel erfrischten sich schon im 9. Jahrhundert mit diesem Getränk, offiziell natürlich, um Herz, Milz und Leber zu stärken. Klosterbruder Wandalbertus verewigte 854 in einem Gedicht eine in ihrer Einfachheit göttlich-geniale Rezeptur: „Schütte perlenden Wein / auf das Waldmeisterlein!“

Das typische Waldmeister-Aroma entwickelt sich durch chemische Prozesse beim Trocknen der Pflanzen. Verantwortlich ist die große Menge an dem aromatischen Pflanzenstoff Cumarin, der auch in Datteln und, besonders hochdosiert, in Tonkabohnen vorkommt. Übermäßige Einnahme führt zu Schwindel und Kopfschmerzen, langfristig kann sie zu Leberschäden führen (soviel zur Idee der Benediktiner, die Waldmeister-Bowle zur „Stärkung der Leber“ einzusetzen …). Nun kommt es leicht vor, dass bei reichlichem Genuss von Maibowle Schwindel und Kopfschmerzen auftreten. Wer sich nicht eingestehen kann, zu viel getrunken zu haben, mag das also auf den Waldmeister schieben. In der Regel rührt das Unwohlsein aber nicht von einer zu hohen Cumarin-Konzentration, sondern lässt sich schlüssiger mit der insgesamt konsumierten Alkoholmenge und der minderen Qualität der verwendeten Weine erklären.

Wie immer kommt es auf die Dosierung an: In Maßen genossen, bringt Sie eine Waldmeisterbowle ohne Nebenwirkungen beschwingt in und durch den Mai.



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