Taschentuchbaum

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Der Wettlauf zum Taschentuchbaum

Er ist in der Blütezeit ein echter Blickfang: der Taschentuchbaum. Früher riskierte manch Abenteurer sein Leben, um in China ein Exemplar aufzuspüren. Heute reicht ein Besuch des Botanischen Gartens. Wir verraten Ihnen, wo Sie die exotische Schönheit finden.

Woher stammt der Name „Taschentuchbaum“?

Der Name „Taschentuchbaum“ erklärt sich in der Blütezeit zwischen April und Juni von selbst: Wie unzählige an den Zweigen aufgehängte Taschentücher sehen die weißen Hochblätter aus. Von weitem könnte man auch meinen, ein Taubenschwarm säße in der Krone. Daher ist auch der Name „Taubenbaum“ geläufig.

Der wissenschaftliche Name des Baumes lautet „Davidia involucrata“ – zu Ehren des französischen Ordensbruders und Naturforschers ›Armand David. Der wollte in Peking eine christliche Schule gründen, kam aber vor lauter Begeisterung für die asiatische Tier- und Pflanzenwelt nicht zum Missionieren. 1865 kletterte er trotz strengsten Verbots auf die Mauer des kaiserlichen Jagdparks, nachdem er die Wachen bestochen hatte. Warum? Weil dort die in Europa unbekannten Davidhirsche gehalten wurden, die deshalb so heißen, weil der auf der Mauer stehende David sie zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieb.1869 sah Pater David als erster Europäer einen erlegten Pandabären. Insgesamt gilt er als Entdecker von mehr als 60 in China heimische Säugetier- und Vogelarten und noch weitaus mehr Pflanzen – darunter auch den Taschentuchbaum.

Die Bezeichnung „Entdecker“ ist ein bisschen ungerecht, denn man kann davon ausgehen, dass ein paar Millionen Chinesen den Baum schon lange vor ihm entdeckt hatten. Aber es war David, der 1868 als erster getrocknete Pflanzenteile an das Naturkundemuseum in Paris sandte und den Baum unter Botanikern bekannt machte.

Der Artname „involucrata“ bezieht sich auf die markanten weißen Hochblätter, welche die Blüten einwickeln (Involucrum = Hüllblätter).

Woher stammt der Taschentuchbaum?

Der Taschentuchbaum stammt ursprünglich aus den zentralchinesischen Provinzen Hubei und Sichuan. Ab 1904 konnten Samen von europäischen Gärtnereien vertrieben werden. Schnell wurde er zu einem beliebten Zierbaum in Parks und Botanischen Gärten – wie in Gütersloh.

Wo finde ich einen Taschentuchbaum im Botanischen Garten?

Im Birkenhain am Ausgang des Botanischen Gartens zum Dalkeweg. Angesichts der hohen Bäume ringsum wirkt der ca. 5 Meter große Exot relativ klein. Auch in der Emilienstraße steht in einem Privatgarten ein Exemplar.

Wie pflanze ich einen Taschentuchbaum im eigenen Garten?

Mit Geduld – die erste Blüte kann bis zu zehn Jahre dauern. Und mit Disziplin – der Taschentuchbaum benötigt in der Blütezeit (wenn in seiner Heimat China die Regenzeit beginnt) eine Extraration Wasser und Dünger. Hinzu kommt, dass er gerade in jungen Jahren sehr frostempfindlich ist. Auch ältere Exemplare sollten mit Vlies, Juteband und Mulch winterfest gemacht werden.

Wer hätt’s gedacht?

Noch um 1750 waren in Europa nur rund hundert Pflanzen aus Ostasien bekannt. Dabei gibt es allein in China mehr als 30.000 Pflanzenarten – mehr als doppelt so viele wie in ganz Europa. Doch war das Land lange so abgeschottet gewesen, dass die dortige Flora den westlichen Botanikern unbekannt blieb. Mit der Kolonialisierung Asiens änderte sich dies. In Europa übernahmen professionelle „Pflanzenjäger” die nationale Aufgabe, „neue” Pflanzen als erste für das eigene Land zu beschaffen. Speziell um den Taschentuchbaum entwickelte sich ein regelrechter Wettlauf.

Für England ging ›Ernest Henry Wilson auf die Suche. Auf seiner Expedition wurde er überfallen, verlor seinen Dolmetscher, überlebte eine Seuche und wäre fast bei einem Bootsunglück ertrunken, fand aber nach drei (!) Jahren und 21.000 gereisten Kilometern einen Taschentuchbaum und kehrte voller Stolz mit Samen zurück nach England – um dort zu erfahren, dass dem Naturkundemuseum Paris bereits die Aufzucht eines Taschentuchbaums gelungen war… Immerhin hatte er nebenbei die Kiwi („Chinesische Stachelbeere“) entdeckt, galt fortan als bedeutendster Experte für ostasiatische Pflanzen und hatte sich den Spitznamen „Chinese Wilson“ redlich verdient.



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