Traumhafte Schönheit gegen schöne Träume
Wenn die Seerose als Königin der Wasserpflanzen bezeichnet wird, ist die Gelbe Teichrose die Prinzessin. Selbst der überschaubare Teichrosen-Teppich im Botanischen Garten Gütersloh versetzt viele Betrachter in Verzückung. Doch nicht ihrer Schönheit wegen wird sie in alten Schriften erwähnt, sondern wegen ihrer angeblichen Wirkung als lusthemmende Arznei bei unkeuschen Gedanken.
Woher stammt der Name „Gelbe Teichrose“?
Der deutsche Name der Gelben Teichrose bezieht sich – in dieser Reihenfolge – auf ihre Farbe, ihren Lebensraum und ihre rosenähnliche Blüte. Das hätten Sie wohl auch ohne Lektüre dieses Artikels vermutet – wenn Ihnen das zu trivial ist, benutzen Sie einfach den schönen Alternativnamen „Teichmummel”.
Der wissenschaftliche Name „Nuphar“ für Teichrosen ist fast 2000 Jahre alt: Er findet sich schon im Standardwerk „De materia medica“ („Über Heilmittel“) aus dem 1. Jahrhundert. Autor ›Pedanios Dioskurides, berühmtesten Pharmakologe der Antike, beschreibt darin zwar mehr als 800 Heilpflanzen, verliert aber kein Wort darüber, wie er zu dem Namen kam. Die Wissenschaft spekuliert auf einen Bezug zum ägyptischen „nun“, dem Urwasser und Quell allen Lebens. Geklärt ist dagegen die Artbezeichnung „lutea“. Die kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „gelb“.
Woher stammt die Gelbe Teichrose?
Die Gelbe Teichrose ist in den gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel beheimatet, sie wächst in großen Teilen Nordamerikas und Eurasiens, aber auch in Nordafrika und der Karibik. In Deutschland ist sie die häufigste heimische Seerosenart.
In den Niederlanden hat sie eine besondere Bedeutung: Sieben Teichrosen finden sich in der Flagge der Provinz Friesland, wo sie die mittelalterlichen „Sieben Friesischen Seelande“ symbolisieren. Millionen deutscher Urlauber haben diese Flagge schon gesehen und Millionen deutscher Urlauber haben die stilisierten Teichrosen für Herzen gehalten. Sie wissen es jetzt besser.
Wo wachsen Gelbe Teichrosen im Botanischen Garten Gütersloh?
Im Teich des Naturnahen Gartens am Palmenhaus-Café.
Wie pflanze ich Gelbe Teichrosen im heimischen Garten?
Die Schwimmblätter der Gelben werden etwas größer als die der hierzulande oft anzutreffenden Weißen Teichrose. Pro Exemplar müssen Teichbesitzer mit etwa 2 qm Platzbedarf rechnen. Stehen die Wasserpflanzen zu dicht, bilden sie – wie andere Teich- und Seerosenarten auch – viele Schwimmblätter, aber keine Blüten.
Von der Weißen Teichrose unterscheidet sich die Gelbe noch dadurch, dass sie auch im Halbschatten und Schatten gedeiht. Durch ihre großen Schwimm- und ihre zahlreichen Unterwasserblätter ist sie ein Schattenspender für Fische, liefert Sauerstoff und hemmt das Algenwachstum.
Wer hätt´s gedacht?
Die Nachfrage nach Aphrodisiaka, also lustfördernden Mitteln, ist groß. Doch bisweilen ist gerade das Gegenteil gefragt: Blätter und Wurzelstock der Gelben Teichrose galten lange als Anaphrodisiakum, also als lusthemmend. ›Leonhart Fuchs (1501–1566), einer der „Väter der Botanik“ (nach ihm wurden die Fuchsien benannt), beschrieb die Teichrose und ihre Wirkung ausführlich in seinem umfangreichen Werk zur Pflanzengeschichte. Er meinte herausgefunden zu haben, dass die „kandierten Blüten unzüchtigen und unkeuschen Träumen entgegenwirken“. Mönche und Nonnen, die zölibatär lebten, nahmen aus Mönchspfeffer und Teichrosen gewonnene Extrakte ein.
Noch im 19. Jahrhundert wurde in Frankreich Teichrosenwasser („Eau de Nenuphar“) gegen „krankhaft erhöhten Geschlechtstrieb“ eingesetzt (womit z.B. Selbstbefriedigung gemeint war). Der Göttinger Gynäkologe und Urologe ›Johann Friedrich Osiander empfahl dagegen um 1850 „zur Herabstimmung der aufgeregten Phantasie prosaische Beschäftigung bis zur Ermüdung durch das Lesen ernster Bücher, z. B. über Geographie, Welt- und Naturgeschichte“. Also z. B. die Fuchs´schen Abhandlungen zur Gelben Teichrose.
Fuchs´ Beobachtung wurde wissenschaftlich nie nachgewiesen, Osianders Methode müsste aber funktionieren.
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