Ginkgo

Ginkgo

Der Urbaum

Alle Mythen, Legenden, Heilkräfte, literarischen Erwähnungen und kuriosen Fakten über den Ginkgo in einer Kolumne unterzubringen, ist schlicht unmöglich. Ginkgos gab es schon vor den Dinosauriern, da hat sich also einiges Berichtenswertes angesammelt.

Woher stammt der Name „Ginkgo“?

Der Name Ginkgo leitet sich von den chinesischen Schriftzeichen „gin“ = Silber“ und „kyō“ = Aprikose ab und bezieht sich auf die silberfarbigen (weißen) Kerne und deren orangefarbige Hülle.

Der erste Europäer, der einen Ginkgo beschrieb, war 1691 der lippische Arzt und Asienforscher ›Engelbert Kaempfer aus Lemgo. Bei der Wiedergabe der Schriftzeichen in lateinischer Schrift unterlief Kaempfer ein Schreibfehler (denkbar ist aber auch, dass er – für Ärzte nicht ungewöhnlich – zu Hause seine eigene Sauklaue nicht mehr lesen konnte): Statt „kyo“ oder „kjo“ schrieb er aus ungeklärten Gründen „kgo“. Diese Form übernahm Carl von Linné 1771 bei der wissenschaftlichen Namensvergabe. Der Fehler wurde damit zur offiziellen Schreibweise.

Apropos: Seit der letzten Rechtschreibreform darf man sogar „Ginko“ schreiben. „Komm, wir gehn Ginko“ lautet wahrscheinlich schon in wenigen Jahren die sprachlich korrekte Aufforderung zu einem Treffen im Botanischen Garten.

Der Artname biloba heißt zweilappig und beschreibt das Blatt.

Woher stammt der Ginkgo?

Aus einem Land vor unserer Zeit. Ginkgos sind weder Laub- noch Nadelbäume, sie bilden eine eigene, ansonsten ausgestorbene Klasse. Charles Darwin bezeichnete sie als lebende Fossilien, als Urbäume. Sie begrünten schon vor 250 Millionen Jahre unsere Erde, der Ginkgo ist damit die älteste noch existierende Baumart. In Europa starb er während der Eiszeit aus. Der Genpool, aus dem die heutigen Ginkgos in aller Welt stammen, lässt sich in China verorten, wo die Bäume auf den Hügeln entlang des Jangtsekiangs wachsen. Dort soll es Exemplare geben, die über 2.000 Jahre alt sind.

Von Japan aus brachten holländische Händler 1730 trotz strengsten Verbotes Samen in ihre Heimat – ein klassischer Samenraub! In den Botanischen Garten der Universitäten Utrecht und Leiden wuchsen bald darauf die erste Ginkgos auf europäischem Boden. Sie stehen dort noch heute.

Um 1750 pflanzte in Rödelheim bei Frankfurt ein uns unbekannter Bürger einen Ginkgo in seinem Garten, nicht ahnend, dass sein Baum dereinst (d.h. heute) der älteste seiner Art in Deutschland werden würde.




Wo finde ich einen Ginkgo im Botanischen Garten Gütersloh?

An der Hyazinthenwiese am Eingang Park-/Ecke Badstraße (siehe Foto oben). Ein junges Exemplar steht im Apothekergarten (siehe Foto unten).

Phlox

Ginkgo

Wie pflanze ich einen Ginkgo im eigenen Garten?

Die Baumart existiert seit 250 Millionen Jahren. Das hätte sie nicht geschafft, wenn sie nicht besonders robust, bodentolerant, witterungs- und schädlingsresistent wäre. Als Methusalem unter den Bäumen hat er all seine Feinde überlebt und wird in Europa weder von Schädlingen noch von Krankheiten befallen – da würde jede Rosskastanie vor Neid grün werden, wenn die Miniermotten sie nicht längst kahl gefressen hätte. Allein die ersten Jahre vertragen junge Ginkgos weder pralle Sonne noch Frost sonderlich gut, wer ganz auf Nummer Sicher gehen will, pflanzt ein mindestens fünf Jahre altes Exemplar.




Wer hätt´s gedacht?

Acht interessante Fakten rund um den Ginkgo:

  1. In DDR-Städten wurden viele Ginkgos gepflanzt – der Baum hatte sich als besonders resistent gegen die Luftverschmutzung erwiesen.
  2. Es gibt männliche und weibliche Ginkgos. Als Straßenbäume verwendet man eher die männlichen, da den Samen weiblicher Bäume ein übler Geruch nach ranziger Butter entströmt.
  3. Der ›Ginkgo-Schnabelwal trägt seinen Namen wegen seiner ginkgoblattförmigen Zähne.
  4. Der japanische Name des Baumes heißt übersetzt „Entenfuß“, was sich einmal mehr auf die Blattform bezieht.
  5. In Hiroshima trieb 1946 wenige Monate nach dem Atombombenabwurf ein Ginkgo neu aus – aus einem völlig verkohlten Baumstumpf. Dieses Naturwunder festigte die Symbolkraft des Baumes, der in Asien seit je für ein langes Leben steht. (Zudem wird in Hiroshima der Oleander besonders verehrt.)
  6. Johann Wolfgang von Goethe sorgte für einen ungeahnten Popularitätsschub des Baumes, als er das Gedicht ›„Gingo biloba“ im im „West-östlichen Divan“ veröffentlichte. Ursprünglich hatte er es für Marianne von Willemer, die Frau eines Bankiers, gedichtet. Inhaltlich geht es um das Ginkgoblatt als Sinnbild der Freundschaft – ist es eines, das sich in zwei teilt, oder sind es zwei, die sich in eines verbinden? Legitime Fragen, die man aber 1815 besser keiner verheirateten Frau stellt. Goethe reiste ab, bevor es zum Verhältnis kam.
  7. 2017 schenkte die Stadt Gütersloh in Person von Henning Schulz ihrer Partnerstadt Chateauroux in Person von Bürgermeister Gil Avérous zum 40-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft einen Ginkgo (siehe Foto unten) mit Bezug auf das oben erwähnte Goethe-Gedicht. Als Präsent steht der Baum mit seinen eigentümlichen Blättern für den Gedanken „zwei sind in einem verbunden“.
  8. Sie wollen noch mehr wissen? Der Eintritt ins Ginkgo-Museum in Weimar ist frei.

Ein Ginkgo als Geschenk an Güterslohs Partnerstadt Chateauroux


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