Gemeine Hasel

Hasel Haselnuss Kätzchen

Heinos Hit, Hildegards Tipp

Haselsträucher polarisieren: Bienen und Volksmusiker lieben sie, Allergiker weniger. Hildegard von Bingen hielt sie für verzichtbar – und liefert eine erstaunlicher Begründung dafür.

Woher stammt der Name „Gemeine Hasel“?

Holz und Nüsse der Hasel waren schon bei unseren Vorfahren in der Steinzeit hochbegehrt. Die lange Nutzungsgeschichte hat den Nachteil, dass sich der Ursprung des Namens „Hasel“ nicht mehr zurückverfolgen lässt. Das gilt auch für den botanischen Gattungsnamen „Corylus“. So hieß der Haselstrauch schon im antiken Rom – aber warum, können die Sprachforscher nicht sagen.

Allein der wissenschaftliche Artname der Gemeinen Hasel, „Corylus avellana”, lässt sich erläutern: Er bezieht sich auf die italienische Stadt Avella in der Provinz Avellino. Die Region am Vesuv ist seit seit der Antike für den Anbau von Haselnüssen bekannt.

Woher stammt die Gemeine Hasel?

Fast wäre die Hasel in der letzten Eiszeit ausgestorben. Doch ein kleiner Bestand auf der iberischen Halbinsel überlebte die Kälteperiode. Von dort verbreitete sich die Pflanze über ganz Europa und Westasien, vom Polarkreis bis zum Kaukasus. Und zwar so stark, dass Wissenschaftler diese erste nacheiszeitliche Wärmeperiode vor 8.000 bis 10.000 Jahren „Haselzeit“ nennen. Haseln dominierten damals die Wälder in ganz Mitteleuropa, bevor Eichen und Buchen ihren Siegeszug antraten. Für die nicht-sesshaften Sammler der Steinzeit waren Haselnüsse ein wichtiges, weil fettreiches (Über)lebensmittel. Ihre mitgeführten Haselnussvorräte werden die Ausbreitung beschleunigt haben. Ansonsten kann die Pflanze das auch alleine recht gut: Jedes Haselkätzchen produziert rund zwei Millionen Pollen, die bei günstigem Wind bis zu 100 Kilometer weit fliegen – zum Leidwesen aller Allergiker.

Heutzutage wachsen die meisten – vom Menschen angebauten – Haseln in der Türkei: Die türkischen Haselplantagenbesitzer bestimmen mit einem Anteil von 70 Prozent der weltweiten Ernte den Weltmarktpreis. Neben inhaftierten Journalisten und der Schleusenfunktion der Flüchtlingsströme wäre das theoretisch ein weiterer Faustpfand für Präsident Erdoğan: Sobald die Türkei die Produktion drosselt, explodieren hierzulande die Preise für Nussnougatcreme. Welche Bundesregierung könnte dem Entrüstungssturm am Frühstückstisch dauerhaft standhalten?

Wo finde ich Haselsträucher im Stadtpark Gütersloh?

An zahlreichen Stellen. Die Fotos oben wurden am Minigolfplatz geschossen, unten eine Hasel am Eingang Park-/Ecke Badstraße des Botanischen Gartens, an der Hyazinthenwiese.

Wie pflanze ich eine Hasel im eigenen Garten?

Prinzipiell ist die Hasel anpassungsfähig und pflegeleicht. Wenn Sie Wert auf die Nussernte legen, gönnen Sie der Pflanze einen sonnigen Platz. Nicht grundlos allerdings liegen die großen Haselplantagen in der Türkei und nicht am Teuto. Die Hasel blüht schon ab Februar – das ist früh, oft zu früh. Spätere Fröste schädigen die Kätzchen und machen den erwerbsmäßigen Anbau hierzulande unwirtschaftlich.

Wer hätt´s gedacht?

„Schwarzbraun ist die Haselnuss“ ist ein Volkslied, das seit dem 18. Jahrhundert bekannt ist. In den Weltkriegen sangen es auch Soldaten zum Marschieren, wobei sie nach den offiziellen Strophen auch derbe Textvarianten wie „Vollfett ist die Leberwurst”, „Haarig ist die Kokosnuss“ oder „Löcher hat der Schweizerkäs“ schmetterten. In einer radiotauglicheren Textfassung wurde es, obwohl nie als Single veröffentlicht, zu einem der bekanntesten Stücke des Schlager- und Volksmusikstars Heino (dem botanische Motive lagen, wie seine erfolgreichste Chartplatzierung – Platz 2 mit „Blau blüht der Enzian“ im Jahr 1972 – beweist).

Der Frauentyp des „schwarzbraunen Mädchens“ kommt in mehreren Volksliedern und Schlagern vor (siehe bzw. höre Heinos „Die schwarze Barbara”) und beschreibt ein bodenständiges, einfaches „Mädchen aus dem Volk”, das einem Flirt nicht abgeneigt ist – im Gegensatz zu blonden Frauen, die im Volkslied zwar oft als sozial höhergestellt, aber auch als unnahbar beschrieben werden. Überhaupt bietet der beim ersten Hören so romantisch-einfühlsame Text durchaus Interpretationsspielraum, weiß man um den eher zweifelhaften Ruf der Hasel in früheren Jahrhunderten, abzulesen an Redewendungen wie „in die Haseln gehen“ für ein Rendezvous bzw. ein Schäferstündchen oder „der ist aus einer Haselstaude entsprungen“ für ein uneheliches Kind.

Im Mittelalter galten gepulverte Haselrinde und Haselöl als Aphrodisiakum. Ausgerechnet Hildegard von Bingen, die doch sonst in jedem noch so unscheinbaren Kraut etwas Heilbringendes entdecken mochte, wetterte: „Der Haselbaum ist ein Sinnbild der Wollust, zu Heilzwecken taugt er kaum.“ Einen Tipp hielt sie dennoch bereit: Pulver aus Haselkätzchen, gemischt u.a. mit Mauerpfeffer und der Leber eines geschlechtsreifen Bockes, sollten einem Mann dazu verhelfen, ein Kind zu zeugen – „wenn der gerechte Ratschluss Gottes dies nicht verhindert“.



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