Die Rasselbande
Ob Blähungen, Geldsorgen oder Rasselverlust – die Früchte der Kolchischen Pimpernuss schaffen Abhilfe. In ihrer Heimat Georgien im Bestand gefährdet, gedeiht sie im Botanischen Garten Gütersloh prächtig.
Eltern mit Babys im Kinderwagen kennen das Problem: Ob Schnuller, Fläschen oder Kuscheltier, sobald man nicht aufpasst, schmeißen die lieben Kleinen die ihnen zugedachten Sachen über Bord. Zwei gute Nachrichten für alle, deren Kind auf diese Weise seine Rassel weggeworfen hat!
- Erstens: Das einsetzende Geplärre lässt sich umgehend unter einer Kolchischen Pimpernuss stoppen, denn dort gibt es kostenlosen Rasselersatz. Dank seiner ungewöhnlichen „Blähfrüchte“ ist der Baum, der auf georgischen Berghängen wächst, ein riesiges Percussion-Instrument.
- Zweitens: Um eine Kolchische Pimpernuss zu finden, müssen Sie nicht auf georgische Berghänge kraxeln, zumal diese meist wenig kinderwagengerecht sind. Es reicht zum Glücklichwerden, wie so oft, ein Spaziergang durch den Botanischen Garten.
Woher stammt der Name „Kolchische Pimpernuss“?
Die Pimpernuss verdankt ihren kuriosen Namen ihren Früchten: In den aufgeblasenen Kapseln befinden sich hellbraune, feste, erbsengroße Samen, die an Nüsse erinnern. Schüttelt man die Früchte oder werden diese durch den Wind bewegt, erzeugen die reifen Samen im Inneren ein eigentümliches Geräusch, das der Volksmund als „klappern“ wahrnimmt. Da der Volksmund dies allerdings schon vor tausend Jahren tat, bezeichnete er es mit „pimpern“, dem mittelhochdeutschen Wort für klappern.
Das Kolchische an dieser Pimpernussart ist ihre Herkunft – dazu kommen wir gleich.
Der botanische Name der Pflanze lautet „Staphylea colchica“. Den Gattungsnamen leitete Plinius vom griechischen Wort für „Traube“ ab und beschrieb damit die rispigen Blütenstände. Von weitem sehen diese ein bisschen aus wie die Puschel, die amerikanische Cheerleader durch die Luft wirbeln, aber diese Assoziation konnte Plinius aus nachvollziehbaren Gründen noch nicht haben.
Die Artbezeichnung „colchia“ verweist erneut auf die Herkunft der Pflanze – dazu kommen wir jetzt.
Woher stammt die Kolchische Pimpernuss?
Aus Kolchis – das war in der Antike der Name für die Landschaft zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer. Heute gehört die Region zu Georgien (siehe auch Herbstzeitlose). Bis heute kommen Wildbestände nur in diesem Gebiet vor, von kleineren Pimpernusshainen in der Türkei und dem Iran abgesehen. Insgesamt ist der Bestand stark gefährdet; wild wächst die Art fast nur noch in unzugänglichen Bergregionen und in Naturschutzgebieten. Im Botanischen Garten Gütersloh lässt sich damit eine weitere Pflanzenart bestaunen, die auf der Roten Liste steht.
Wo finde ich Kolchische Pimpernüsse im Botanischen Garten Gütersloh?
Neben einigen Felsenbirnen gegenüber dem Mammutblatt (der wohl markantesten Pflanze im Botanischen Garten), also zwischen der Hyazinthenwiese am Eingang an der Park-/Ecke Badstraße und dem kleinen, kreisrunden Teich, bilden zwei Exemplare eine kleine „Rasselbande“.
Wie pflanze ich eine Kolchische Pimpernuss im eigenen Garten?
Die Pimpernuss ist eine Pflanze, für die man keinen allzu grünen Daumen braucht. Sie ist frosthart bis –28 Grad, pflegeleicht und kann nahezu nach Belieben beschnitten werden. Allein Staunässe, die in ihrer Heimat (georgische Berghänge, Sie erinnern sich) nicht allzu häufig vorkommt, verträgt sie nicht.
Wer hätt´s gedacht?
Vielleicht erinnern sich einige Leser an die Signaturlehre, die wir in der Folge zum Salomonssiegel vorstellten (und auch beim Lungenkraut erwähnen). Nach dieser Theorie kann man die heilende Wirkung von Pflanzen an ihrer Form erkennen. Beispiel: Die Walnuss ähnelt einem menschlichen Hirn, also muss sie ein gutes Heilmittel bei Krankheiten des Kopfes sein. Die Früchte der Pimpernuss blasen sich während der Reifung durch einen leichten Überschuss aus CO2-haltiger Luft auf, erst kurz vor der Reife wird ihre Hülle wieder gasdurchlässig. Wie also wird die Pimpernuss gemäß der Signaturlehre eingesetzt? Logischerweise bei Blähungen, Blähbauch und Blasendruck. Ob´s funktioniert, hängt allerdings stark davon ab, wie sehr der Anwender daran glaubt …
Die Anzahl der Nüsse in der Frucht schwankt übrigens. Meist sind es zwei bis vier, doch in Ausnahmefällen auch fünf oder sechs. Eine Pimpernussfrucht mit sieben Nüssen gilt, ähnlich wie ein vierblättriges Kleeblatt, als Zeichen für Glück. Ins Portemonnaie gelegt sollen die Glücksnüsschen dafür sorgen, dass die Geldbörse sich niemals leert. Und das funktioniert tatsächlich – denn selbst wenn man pleite ist, hat man immer noch sieben Glücksnüsschen in der Tasche! Eine Geschäftsidee für die Sparkasse Gütersloh-Rietberg …?
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