Der Tod muss warten
Hieronymus Bock, einer der Väter der Botanik, pries um 1540 den Echten Salbei mit einleuchtendem Argument: „Unter allen Stauden ist kaum ein Gewechs über die Salbey, denn es dienet dem Arztet und dem Koch“. Tatsächlich können Sie mit Salbei nichts falsch machen, egal ob Sie einen Braten würzen oder dem Tod ein Schnippchen schlagen wollen. Und schon gar nicht, wenn Sie eine Pflanze für Ihren Garten suchen.
Woher stammt der Name „Salbei“?
Salbei, den die Römer „Salvia“ nannten, kommt von „salvus“, lateinisch für „gesund“. Das weist auf die lange Tradition des Salbeis als Heilpflanze hin.
Der botanische Name „Salvia officinalis“ unterstreicht das noch. Denn mit dem Artnamen „officinalis“ versehen Botaniker solche Arten, die im besonderen Maße als Heilmittel verwendet werden. Schon die alten Griechen kannten die antiseptische, desinfizierende, krampflösende, antibakterielle, blutstillende und pilzhemmende Wirkung des Salbeis. „Officinalis“ stammt von der klösterlichen Officina (eigentlich „Werkstatt“). Das war der Ort, an dem die Mönche Kräuter und Arzneien aufbewahrten.
Woher stammt der „Echte Salbei“?
Die Heimat des Salbeis sind karge Gebirge im Mittelmeerraum. Seine samtigen Blätter dienen ihm als Verdunstungsschutz und bewahren ihn vor Sonnenbrand – wir stellen dieses Phänomen näher im Artikel zum Woll-Ziest vor (und kennen es u. a. auch vom Perlkörbchen). Die Griechen erklärten sich die Fähigkeit des Salbeis, in praller Sonne zu gedeihen, mit einer Legende: Demnach versteckte sich die Liebesgöttin Aphrodite einst vor Zeus unter einem Salbeistrauch. Der Göttervater entdeckte sie dennoch (unter uns: es gibt wahrlich bessere Verstecke) und ließ zornig die Sonne auf den Strauch brennen. Zu ihrem Schutz verlieh Aphrodite dem Salbei dicke flauschige Blätter sowie einen intensiven Duft (was es ihr etwas erträglicher machte, tagelang unter dem ollen Strauch zu hocken).
Vom Mittelmeer gelangte der Salbei mit den Benediktinermönchen über die Alpen und wurde in Deutschland in den Klostergärten, später in den Bauerngärten kultiviert. Landwirtschaftlich wird die Pflanze heute z.B. in Südfrankreich, Kroatien und Albanien angebaut. Wildbestände finden sich vor allem entlang der italienischen und kroatischen Adriaküste.
Wo finde ich Echten Salbei im Botanischen Garten?
Im Apothekergarten sowie im Zentrum als dekorative Wegesrandbepflanzung gegenüber vom Kugelahorn.
Wie pflanze ich Echten Salbei im eigenen Garten?
„Wie kann ein Mensch sterben, in dessen Garten Salbei wächst?“, fragte sich der persische Mediziner ›Avicenna um das Jahr 1000. Andere Sprichwörter fassen die Heilkraft noch kürzer: „Wer auf Salbei baut, den Tod kaum schaut“ und „Salbei im Garten, der Tod muss warten.“ Das motiviert doch, Salbei anzupflanzen! Wer sich die Heimat der Pflanze in Erinnerung ruft, kann erahnen, wie sie am besten wächst: auf steinig-trockenem Kalkboden an vollsonnigen Standorten ohne Staunässe. Wässern und düngen sollten Sie nur in Maßen. Im Winter kann ein Frostschutz aus Laub und Tannenzweigen sinnvoll sein.
Übrigens ist Salbei noch mehr als für Menschen für Insekten ein echtes Lebenselixier: Die Pflanze bietet Bienen während der Blüte von Juni bis August ein besonders großes Angebot an Nektar.
Wer hätt´s gedacht?
Während der großen Pestepidemie in Südfrankreich 1630 wurden in Toulouse Diebe gefasst, die offenbar immun gegen den Schwarzen Tod waren. Zumindest hatten sie ohne Furcht vor einer Ansteckung sterbende Pestkranke und sogar Leichname ausgeplündert. Die Ratsherren schlugen den Kriminellen einen Deal vor: Straffreiheit gegen die Erklärung, warum sie nicht an der Pest erkrankten. Die Plünderer verrieten ihr Geheimnis: Sie rieben sich vor ihren Beutezügen mit einer Duftstoffmischung ein, die später als Pestessig, auch Spitzbubenessig oder Räuberessig bekannt wurde. Die Mixtur bestand aus in mildem Apfelessig eingelegtem Salbei, angereichert um Thymian, Lavendel und Rosmarin, nach anderen Rezepten um Weinraute, Minze und Wermutkraut.
Aus heutiger Sicht war auch eine gehörige Portion Glück unter den Zutaten, denn so unbestritten hoch die Heilkraft des Salbeis auch ist, so stark, dass er gegen Pesterreger schützt, ist seine antibiotische Wirkung dann doch nicht. Wir hätten an dieser Stelle auch nur ungern ein Rezept veröffentlicht, dass der Ausplünderung siechender Pestpatienten Vorschub leistet.
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