Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch

Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch

Der Ottovordemgentschenfelde unter den Pflanzennamen

Der Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch trägt einen ungewöhnlichen Namen. Doch nicht nur deshalb lohnt sich der Blick auf eines der hierzulande seltenen Exemplare im Botanischen Garten Gütersloh.

Woher stammt der Name „Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch“?

Wer aus Ostwestfalen stammt, wo die Menschen ›Ottovordemgentschenfelde und Beckervordersandfort heißen, wundert sich bisweilen, wie kurz Nachnamen anderenorts sein können. Zum Beispiel in China, wo Familiennamen überwiegend nur aus einer Silbe bestehen.

Es fällt in die Kategorie „unnützes Wissen“, ist aber für Leser dieser Pflanzenkolumne vielleicht dennoch interessant: Gleich drei der sechs häufigsten chinesischen Familiennamen bezeichnen Pflanzen, die zudem im Gütersloher Stadtpark anzutreffen sind. Nach Wang („König“) ist Li dort der am zweithäufigsten anzutreffende Name, und der bedeutet „Pflaumenbaum“ – mehr als 100 Millionen Menschen auf der Welt heißen so. Auch auf den Rängen 4 und 6 begegnen uns mit Liú („Weide“) und Yáng („Pappel“) zwei hierzulande bekannte Bäume.

Nach dem Strauch dieses Beitrags ist in Ostasien niemand benannt, denn um dessen Namen auszusprechen, benötigen selbst die Chinesen drei Silben, was sich dann ungefähr wie „Qui Zi Hua“ anhört. Ins Deutsche übersetzt wird daraus ein Pflanzenname, der es in seiner Länge und seines Wohlklangs durchaus mit ostwestfälischen Familiennamen aufnehmen kann: Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch.

Der Name bezieht sich auf die kleinen, weißen Einzelblüten, die scheinbar zu siebt in den Blütenständen zusammenstehen. „Scheinbar“ deshalb, weil es eigentlich nur sechs sind, die sich um die Blütenstandsachse gruppieren, aus der sich nach Verblassen der sechs Blüten ein Ring mit neuen Blüten entwickelt. Der Name ist also grob irreführend – aber schön.

Das Botaniklexikon führt den Strauch unter „Heptacodium miconioides“. Der Gattungsname beinhaltet die griechischen Wörter für „sieben“ und „Mohn“, der Artname „miconioides“ spielt auf die Ähnlichkeit der geaderten Blätter mit Arten der nicht verwandten Gattung „Miconia“ an.

Woher stammt der Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch?

Es dürfte nach der Herleitung des Namens niemanden mehr verwundern: aus China. Auch dort kommt er wild wachsend nur in drei Provinzen vor. Anders als viele andere Pflanzen aus Ostasien, die wir in unseren Pflanzenporträts vorstellen, ist der Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch aus europäischer Sicht eine „Neuentdeckung“. Auch wenn er westlichen Botanikern schon seit über 100 Jahren bekannt ist, entdeckten die Gartencenter das Gehölz als Zierpflanze erst Mitte der 1980er Jahre für sich. 

Wo finde ich einen Sieben-Söhne-des-Himmels-Strauch im Botanischen Garten Gütersloh?  

Bis heute ist der Strauch in unseren Breiten also eine Rarität geblieben – umso schöner, dass man ein Exemplar im Botanischen Garten bewundern kann. Es steht rechts neben der rechten Laube am Rondell mit den Hakenlilien im Asterngarten.

Wie pflanze ich einen Sieben-Söhne-des-Himmels-Baum im eigenen Garten?

Die zögerliche Vermarktung und Verwendung des Strauches ist umso erstaunlicher, als er absolut unkompliziert zu pflegen ist. Er ist anspruchslos, trockenresistent (was ja bei der Pflanzenauswahl immer wichtiger wird), robust gegenüber Schädlingen (wer einen Buchsbaum hat bzw. hatte, weiß das zu schätzen), schnittverträglich und winterhart – mehr positive Eigenschaften kann sich ein Gärtner kaum wünschen. Hinzu kommt die dekorative Wirkung des markanten Laubs, der sich abblätternden Rinde und der duftenden Blüten, zumal der Strauch anders als die meisten Gehölze erst im Frühherbst blüht.

Wer hätt’s gedacht?

Wer hat den Sieben-Söhne-des-Himmels-Baum für die Wissenschaft entdeckt? Ein Deutscher war’s: Alfred Rehder aus dem sächsischen Waldenburg bei Zwickau. Als Gärtner begann er 1878 seine Laufbahn, die ihn an die Botanischen Gärten u. a. von Berlin, Darmstadt und Göttingen führte. Nebenbei schrieb er als Redakteur für die Allgemeine Deutsche Gärtner-Zeitung.

Sein Leben änderte sich grundlegend, als er für die Zeitschrift in die USA gesandt wurde, um über den dortigen Obst- und Weinbau zu berichten (damals verfügten selbst Fachmagazine über Budgets, die heutigen Verlegern Tränen in die Augen treiben würden). Dort lernte er den Direktor der wohl berühmtesten Gehölze-Sammlung der Welt, des ›Arnold-Arboretums der Harvard University, kennen.

Rehder blieb und schrieb: Er nahm die amerikanische Staatsbürgerschaft an und gründete als Kurator des Arnold-Arboretums eine eigene Fachzeitschrift. Seine Produktivität war unfassbar: Als er 1949 starb, hatte er an fast 1.400 Publikationen mitgewirkt und Zehntausende Bäume und Sträucher beschrieben – darunter 1916 als erster Botaniker den Sieben-Söhne-des-Himmels-Baum.

Obwohl sein Fokus auf nordamerikanischen Gehölzen lag, ist die Beschäftigung mit dem ostasiatischen Strauch kein Zufall: Rehder arbeitete eng mit dem legendären Pflanzenjäger Ernest Henry Wilson („Chinese-Wilson“) zusammen, der uns in unseren Pflanzenporträts schon des öfteren begegnete. Der Botaniker systematisierte die vielen in der westlichen Welt unbekannten Pflanzen, die Wilson in China geraubt gesammelt hatte.

Wer einige davon im Botanischen Garten Gütersloh sehen möchte, halte Ausschau nach z. B. Taschentuchbaum, Zimtahorn, Schirmbambus oder Königslilie. Rehder hätte an einem Spaziergang durch die Gütersloher Stadtpark bestimmt seine Freude gehabt!



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