Milder und Scharfer Mauerpfeffer

Milder Mauerpfeffer

Das Auge rast mit

„Pflegeleicht“ liest man in Gartenratgebern manchmal, oder auch „pflegearm“. Solche Begriffe sind in Bezug auf Mauerpfeffer-Arten sogar noch übertrieben. Bei diesen teppichbildenden Sukkulenten gibt es nichts zu pflegen. Sie wachsen dort, wo alle andere Pflanzen wegen Nährstoffmangel aufgeben. Ob das für Ihren Garten zutrifft, wissen Sie selbst am besten. Für den Botanischen Garten Gütersloh trifft das natürlich nicht zu – die Stadtgärtnerinnen und -gärtner haben aber trotzdem ein Plätzchen für die Zwergstauden gefunden.

Woher stammen die Namen „Milder-“ und „Scharfer Mauerpfeffer“ ?

Mauerpfeffer wächst an Felsen, auf Schotterflächen, in Kiesgruben, an Bahndämmen und in Dünen – und eben auch an und auf Mauern. Seine Blätter schmecken nach einigem Kauen scharf, was ihm den Vergleich mit Pfeffer einbrachte. Glauben Sie das einfach und beißen Sie nicht übermäßig auf der Staude herum. Der Pflanzensaft ist leicht giftig.

Im Botanischen Garten Gütersloh wachsen Milder Mauerpfeffer, der weniger bitter schmeckt als andere Arten, und Weißer Mauerpfeffer, so benannt nach der Blütenfarbe. 

Die Herkunft des botanischen Gattungsnamen „Sedum“ ist ungeklärt, bisweilen wird das lateinische „sedere“ = „sitzen“ als Wortwurzel angenommen und als Ausdruck für die niedrige Wuchshöhe interpretiert. Die Artnamen „Sedum sexangulare“ und „Sedum acre“ bedeuten „Sechswinkliges“ (wegen der  sechszeilig angeordneten Laubblätter) bzw. „Scharfes Sedum“.

Scharfer Mauerpfeffer, Sedum acre

Woher stammt der Mauerpfeffer?

„Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst!“ Diese Redewendung entstand um 1500, als Vasco da Gama den Seeweg nach Indien entdeckt hatte – mit ihr wünschte man die so Angesprochenen ans Ende der Welt.

„Geh doch dahin, wo der Mauerpfeffer wächst!“ hat sich als Fluch nicht durchgesetzt, wäre allerdings auch a) etwas unpräzise und b) nicht wirklich effektiv, denn die Staude findet sich meist direkt vor der eigenen Haustür, erst recht wenn man in einer eher von sandigen Böden geprägten Gegend wohnt wie wir. So wächst wilder Mauerpfeffer auch rund um Gütersloh, so wie in ganz Eurasien, vom Atlantik bis nach Westsibirien, und mittlerweile auch in weiten Teilen Nordamerikas.

Wo finde ich Mauerpfeffer im Botanischen Garten Gütersloh?

Auf der Voliere zwischen Lavendel- und Mediterranem Garten. Mit Spenden des Förderkreises Stadtpark wurde deren Bedachung als Gründach angelegt. Gesucht wurden dafür besonders anspruchslose und pflegeleichte Pflanzen, und wer immer danach sucht, landet beinahe zwangsläufig bei Sedum-Arten. Außerdem wächst Milder Mauerpfeffer zwischen den Trittsteinen im Sonnengarten.

Wie pflanze ich Mauerpfeffer im eigenen Garten?

Im Steingarten, als Dachbegrünung, in Trockenmauerritzen, auf Kiesflächen, als Dachbegrünung, in Trockenmauerritzen, auf Kiesflächen, zwischen Trittsteinen oder in Pflasterfugen. Dort lassen Sie ihn einfach wachsen; auf einer Pflegeintensitätsskala von 1 bis 10 erzielt Mauerpfeffer eine 0. Sich müssen sich schon sehr anstrengen, um ihn verkümmern zu lassen. Sie schaffen es eigentlich nur, indem sie ihn an einem nährstoffreichen Standort pflanzen. Dort sind andere Gewächse konkurrenzstärker und drängen ihn zurück.

Wer hätt’s gedacht?

Das darauf zuvor niemand gekommen ist: Die Anspruchslosigkeit des Mauerpfeffers macht ihn zum idealen „Straßenbegleitgrün“ an Autobahnen, speziell für den bepflanzten Streifen zwischen den Richtungsfahrbahnen. Jahrelang experimentierten die Autobahnplaner mit verschiedenen Gewächsen herum. Sie wollten Pflanzen finden, die weder gegossen, beschnitten oder gemäht, geschwiege denn gedüngt werden müssen, aber dem Autofahrer dennoch auch bei Tempo 200 ein hübsches Gesamtbild zeigen.

Mittlerweile hat der ›Landesbetrieb Straßenbau NRW den Mauerpfeffer für sich entdeckt. In OWL kam er in Form sogenannter Sedum-Vegetationsmatten zum ersten Mal beim Neubau der A33 zwischen Bielefeld und Halle (Westf.) zum Einsatz. 

Dazu kultivierte ein Gartenbaubetrieb aus Utrecht den Mauerpfeffer auf Kokosmatten vor und lieferte ihn wie Rollrasen nach Deutschland. 11.500 qm der Mauerpfeffer-Matten trennen mittlerweile die Fahrbahnen auf dem Teilstück zwischen der Ostwestfalendamm-Zufahrt und Steinhagen. Auf eine Sand- und eine Kiesschicht brachte man als Substratersatz zunächst Minerallwoll- und schließlich die Vegetationsmatten auf.

Auf dem so gestalteten Mittelstreifen können sich wegen des dichten Mauerpfeffer-Bewuchses selbst Gräser und Pionierpflanzen kaum ansiedeln, und falls doch, wegen des nährstoffarmen Bodens nicht dauerhaft halten. Der Mauerpfeffer hingegen gedeiht prächtig, schmückt die Bahn viele Monate mit einem Blütenmeer und bietet eine Nahrungsquelle für Bienen und andere Insekten.



Mehr Stauden und Bäume im Stadtpark und Botanischen Garten Gütersloh:


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