Mazedonische Witwenblume

Mazedonische Witwenblume

Sensation im Senkgarten

Woher stammt der Name „Witwenblume“?

Wer Pflanzen sucht, denen Witwenblumen zum Verwechseln ähnlich sehn, wird im Lavendelgarten vor dem Palmenhaus-Café fündig: Skabiosen. Doch der Volksmund verrät, wodurch sie die beiden Pflanzen unterscheiden: Skabiosen haben fünf Kronblätter, Witwenblumen nur vier. Bei ihnen „fehlt“ aus menschlicher Sicht ein Kronblatt (die Witwenblumen werden das nicht so empfinden), sie gelten daher als „verwitwet“.

Botaniker nennen Witwenblumen allerdings eher Knautien, was am wissenschaftlichen Gattungsnamen liegt: Mit der Bezeichnung „Knautia“ ehrte Botanik-Übervater Carl von Linné 1753 Christian und Christoph Knaut. Die Brüder aus Halle an der Saale hatten eines gemeinsam: Beide lebten für die Botanik, und beide konnten von der Botanik nicht leben. Deshalb arbeiteten sie hauptberuflich als Ärzte, Christian gar als Leibarzt des Prinzen Emanuel Lebrecht von Anhalt-Köthen und zudem noch als Bibliothekar und Chronist. Nun verstarb der gute Emanuel Lebrecht bereits mit 33 Jahren (es gibt keinen Zusammenhang mit der der ärztlichen Behandlung durch Christian, zumindest keinen bewiesenen), und auch Christians Chronik der Stadt Ballenstädt im Ostharz verschaffte ihm außerhalb von Ballenstädt im Ostharz keine Aufmerksamkeit.

Dass man sich heute beider Knauts noch erinnert, liegt an ihrer Leidenschaft für die Botanik. Beide grübelten Zeit ihres Lebens über eine sinnvolle Einteilung der Pflanzenwelt. Ihre Vorschläge, nach welchen Kriterien man Pflanzen gemeinsamen Familien und Gattungen zuordnen sollte, gelten heute als überholt. In der damaligen Zeit wurden sie aber in der wissenschaftlichen Welt vielbeachtet.

Es war kein Geringerer als Carl von Linné, der sich – wenn auch recht kritisch – mit ihnen auseinandersetzte. Vielleicht spornten ihn gerade die Unvollkommenheit des Knaut´schen Systems an, es besser zu machen. Und die Ehrung mit einem Pflanzennamen zeigt, dass er den Vorarbeiten seiner Wissenschaftskollegen durchaus Respekt zollte.

Woher stammt die Mazedonische Witwenblume?

Der vollständige botanische Name der Witwenblumen-Art, die im Botanischen Garten gepflanzt ist, lautet „Knautia macedonica“. Es handelt sich also um die Mazedonische Witwenblume. Das führt uns geradewegs zu ihrem ursprünglichen Lebensraum: der Balkan-Halbinsel. Dort (und auch noch in Rumänien und der Türkei) wächst die Wildstaude auf Wiesen, Waldlichtungen und in Gebüschsäumen.

Wo finde ich Mazedonische Witwenblumen im Botanischen Garten Gütersloh?

In den Beeten, die den Senkgarten (zwischen Apothekergarten und Eingang Palmenhaus-Café) flankieren. Dort wächst auch die heimische Acker-Witwenblume (Knautia arvensis), zu erkennen an ihren blass-violetten Blüten.

Wie pflanze ich Witwenblumen im eigenen Garten?

Ohne große Probleme. Witwenblumen sind für derat prachtvolle Blütenstauden erstaunlich anspruchslos. Speziell die 60 bis 100 cm hohe Mazedonische Witwenblume bevorzugt einen trockenen, vollsonnigen Standort, zum Beispiel im Steingarten. Je sonniger er ist, desto leuchtender und zahlreicher entwickeln sich zwischen Juni und September ihre roten, kugeligen Blüten.

Wer hätt’s gedacht?

Keine Frage, es gibt Städte, die mit ihren Botanischen Gärten stärker auf den Putz hauen als Gütersloh, und das durchaus zu Recht. Köln z. B. wirbt damit, dass in der Flora, so der Name des dortigen Gartens, 12.000 Pflanzenarten kultiviert sind. Derzeit baut die Stadt ein ›neues Schaugewächshaus für Tropen- und Wüstenpflanzen. Geplante Kosten für dieses eine Gewächshaus: 11,4 Millionen Euro (Stand 2021 – 2015 gingen die Kölner noch von 9 Millionen aus. Man muss kein Hellseher sein, um zu prognostizieren, dass es bis zur geplanten Fertigstellung 2023 doppelt so teuer wird …). Dort sind Hunderte Arten zu bewundern, die der Pflanzenfreund sonst in natura nie zu Gesicht bekäme.

Doch halt – selten anzutreffende Pflanzenarten gibt es auch in Gütersloh! Just die Mazedonische Witwenblume ist eine Staude, die Sie wahrscheinlich außerhalb des „Botanischen“ noch nicht gesehen haben. Denn die einzige Witwenblumen-Art, die in Westfalen wild wächst, ist die oben erwähnte Acker-Witwenblume. Und auch als Zierpflanze ist „Knautia macedonica“ kaum verbreitet. Zwar völlig zu Unrecht, aber noch haben Deutschland Gartenbesitzer die Vorzüge von Witwenblumen nicht erkannt, geschweige denn, dass eine größere Zahl von ihnen Mazedonische Witwenblumen pflanzen würde. Selbst ein Ausflug in die Kölner Flora wird Ihnen diesbezüglich nichts nützen. Zugegeben, dort mögen vielleicht 11.500 Pflanzenarten wachsen, die es in Gütersloh nicht zu sehen gibt. Doch eine Mazedonische Witwenblume, die sucht man dort vergebens, die wächst nur am Senkgarten in Gütersloh …

Angesichts dieses Alleinstellungsmerkmals, ja dieser botanischen Sensation müsste man doch eigentlich mit ein bisschen Marketing einen Gutteil der 3,5 Millionen Touristen in Köln vom Rhein an die Dalke locken können: Wie wäre es statt mit Dom, Zoo und Flora mal mit Apostelkirche, Fabelpfad und Botanischem Garten Gütersloh?

Mazedonische Witwenblume
Acker-Witwenblume (Knautia arvensis)


Mehr Stauden und Bäume im Stadtpark und Botanischen Garten Gütersloh:


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