Ehre, wem Ehre (nicht unbedingt) gebührt
Der Ehrenpreis ist fraglos eine Bereicherung für jeden Garten – wer es nicht glaubt, schaue sich die Exemplare im „Botanischen“ an. Doch ob er seinen Namen zu Recht trägt, daran darf man zweifeln …
Woher stammt der Name „Ehrenpreis“?
Der ungewöhnliche Name ist seit dem 16. Jahrhundert nachgewiesen. In der Volksmedizin spielte die Waldstaude lange Zeit eine große Rolle; ihr wurden unwahrscheinlich starke heilende Kräfte (sogar gegen die Pest!) nachgesagt. In der Tat waren sie so unwahrscheinlich, dass die heutige Forschung auch bei weniger dramatischen Erkrankungen kaum eine heilende Wirkung nachweisen kann.
Doch in 500 Jahre alten Kräuterbüchern taucht der Ehrenpreis unter Namen wie „Wundheilkraut“ und „Allerweltsheil“ auf. Die Gelehrten lobten ihn: „Ihm sei Ehr und Preis als vera unica medicina, das einzig wahre Heilmittel“. Dieser Spruch verschaffte ihm nicht nur den deutschen Gattungsamen „Ehrenpreis“, sondern auch den botanischen Namen „Veronica“ (von „vera unica“ = das einzig Wahre).
Woher stammt der Ehrenpreis?
Im Botanischen Garten finden sich zwei Ehrenpreis-Arten: Der Langblättrige Ehrenpreis (Veronica longifolia) wächst in einem breiten eurasischen Band zwischen Peking und Pavenstädt. Der Kandelaber-Ehrenpreis (Veronicastrum virginicum), dessen Wuchsform an einen Kandelaber, einen mehrarmigen Kerzenleuchter erinnert, stammt aus Nordamerika.
Wo finde ich Ehrenpreis im Botanischen Garten?
Den Langblättrigen Ehrenpreis im Asterngarten. Die Sorte, die dort wächst, nennt sich „Blauriesin“. Mit bis zu einem Meter Wuchshöhe gehört sie zu den größeren Arten und schmückt die Beete zwischen Juli und September mit langen, leuchtend violetten Blütenähren. Die Sorte wurde 1956 vom (damals immerhin schon 77-jährigen) „Staudenpapst“ Karl Foerster gezüchtet, was Fachleute und Leser unserer Pflanzenporträts zum Phlox, zum Geißbart oder zur Elfenblume schon am kreativ-poetischen Namen erkennen – eine Spezialität Foersters.
Sein Garten in Barnim bei Potsdam, heute unter Denkmalschutz stehend, gilt als ›der meistbesuchte Privatgarten Deutschlands. Herzstück der Anlage ist der Senkgarten, den Foerster in den 1920er Jahren in Deutschland populär machte. Da ist es nur folgerichtig, dass die Stadtgärtner auch im Gütersloher Senkgarten Ehrenpreis pflanzten, in diesem Fall einen weißblühenden Kandelaber-Ehrenpreis.
Wie pflanze ich Ehrenpreis im eigenen Garten?
Das lässt sich so einfach nicht beantworten: Die Gattung Ehrenpreis umfasst mehr als 400 Arten. Theoretisch können Sie Ihren kompletten Garten nur mit Ehrenpreis bepflanzen und hätten blau, violett, weiß und gelb blühende Stauden in Größen von 15 cm bis zu 1,50 Meter, für sonnige, halbschattige und schattige Standorte.
Sie alle gehören zu den pflegeärmeren Gartenstauden, doch gerade die hochwachsenden Arten wie der Langblättrige und der Kandelaber-Ehrenpreis können bei sommerlicher Trockenheit eine Extraration Wasser und zu Beginn der Blütezeit etwas Kompost vertragen. Beide bevorzugen sonnige Plätze.
Wer hätt‘s gedacht?
Bis Mitte der 1950er Jahre waren Kampfflugzeuge vom Typ ›Gloster Meteor der 541. Squadron am ›Flughafen Gütersloh stationiert. Diese Staffel der Royal Air Force trug bis zu ihrer Auflösung 1957 in ihrem Badge (Abzeichen, Wappen) eine Ehrenpreis-Blüte. Nicht erst seit dem Abzug der Briten gilt also: Wer eine solche Blüte in Gütersloh sehen will, kommt an einem Besuch des Botanischen Gartens nicht vorbei …
Mehr Stauden und Bäume im Stadtpark und Botanischen Garten Gütersloh:
- nach Standort sortiert
- alphabetisch sortiert nach ihren botanischen Namen
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Mehr Pflanzenporträts …
… finden sich im humorvollen Stadtpark-Führer „Ab in die Botanik“ unserer Mitglieder Matthias Borner und Daniela Toman. Das ebenso informative wie unterhaltsame Buch mit mehr als 200 Fotos können Sie auf der Seite ›www.guetersloherisch.de erwerben und sich versandkostenfrei zuschicken lassen.