Kopfweide

Kopfweiden

Köpfchen muss man haben

Schon in der Bronze- und Eisenzeit nutzten Menschen Weidenruten zum Binden und Flechten. So verbinden wir die Kelten heute eher mit Schwertkämpfern und Druiden, aber ihren Zeitgenossen waren sie auch als kunstfertige Korbflechter bekannt. Im 13. Jahrhundert kamen unsere Vorfahren auf eine Idee, wie man leichter an das begehrte Material kam, ohne auf zufällig in Reichhöhe sprießenden Zweige angewiesen zu sein: Aus Silber- und Korbweiden formten sie Kopfweiden.

Woher stammt der Name „Kopfweide“?

Eine Kopfweide ist also keine Pflanzenart, sondern eine von Menschenhand geschaffene Kulturform, eine in besonderer Weise beschnittene Weide (im Fall des Stadtparks eine Silberweide).

Die Bäume werden auf ein bis zwei Meter heruntergekürzt. Aus dem Stumpf treiben in großer Zahl neue Triebe aus. Diese Ruten kann man nun bequem erreichen. In früheren Zeiten wurden sie für die Korbflechterei oder als Baumaterial genutzt – bei Fachwerkhäusern füllte man die Fächer zwischen den Holzbalken mit Weidengeflecht. Durch den ständigen Rückschnitt der Zweige bis fast zum Stamm entsteht der charakteristische „Kopf“ der Weide.

Die Silberweide – botanisch Salix alba, also „Weiße Weide“ – trägt ihren Namen wegen ihrer relativ hellen Unterseite ihrer Blätter. Weitere Infos zu Weiden gibt es im Pflanzenporträt zur Trauerweide.

Kopfweiden am Parkplatz Oststraße

Woher stammen Kopfweiden?

Silberweiden sind in ganz Europa (mit Ausnahme von Skandinavien), in Nordafrika, in West- und Zentralasien verbreitet. Als Kopfweiden wurden sie vor allem in Deutschland, Frankreich und den Niederlanden genutzt. Speziell am Niederrhein sind Kopfweiden noch heute geradezu landschaftsprägend. Das gilt nicht für Ostwestfalen, aber auch hierzulande ist manches Exemplar zu finden. Mit ›Dalhausen im Kreis Höxter und Minden an der Weser lagen in unserer Region die beiden Hochburgen des ›Korbmacherhandwerks in Westfalen.

Wo finde ich Kopfweiden im Stadtpark Gütersloh?

Fünf Stück am Parkplatz Oststraße (zwischen Obstwiese und Dalke), ein Dutzend im Naturnahen Garten am Eingang zum Palmenhaus-Café neben dem Info-Pavillon und weitere zehn im Bereich der Dalkerenaturierung. Im Stadtpark wachsen damit 27 der insgesamt rund 700 Exemplare auf dem Stadtgebiet von Gütersloh.

Für wirtschaftliche Zwecke werden diese Kopfweiden in Gütersloh heute nicht mehr genutzt, ihre Bedeutung für Flechtarbeiten als Nebenerwerbsquelle im bäuerlichen Betrieb verloren sie spätestens mit Beginn des Wirtschaftswunders in der Nachkriegszeit. Sehr wohl aber werden sie aus Gründen der Landschaftspflege und des Naturschutzes weiterhin regelmäßig zurückgeschnitten oder – wie im Stadtpark und an anderen Stellen entlang der Dalke – neu gepflanzt.

Kopfweiden an Zöllners Bleiche, Nähe Emilienstraße, um 1920

Die Besonnung der Stämme durch den regelmäßigen Radikalschnitt lässt ein besonderes Mikroklima entstehen. Kopfweiden dienen zahlreichen Käfer-, Schmetterlings- und Libellenarten, aber auch Vögeln, Mäusen und Fledermäusen als Nistplatz, Rückzugsort, Versteck, Jagdrevier, Futterquelle oder Überwinterungsmöglichkeit. So finden Naturforscher in und an Kopfweiden meistens deutlich mehr Insektenarten als an anderen Bäumen.

Kopfweide

Wie pflanze ich eine Kopfweide im eigenen Garten?

Indem Sie im Winter einen rund zwei Meter langen, möglichst geraden Ast einer Silber- oder Korbweide rund 40 Zentimeter in die Erde setzen – vielleicht besser gleich zwei oder drei Äste, ein bisschen Ausfall ist immer. Der Ast sollte Wurzeln bilden, schließlich besitzen Weiden eine bestaunenswerte Regenerationsfähigkeit (oft waren Kopfweiden, die schnurgerade auf einer Wiese stehen, früher die Pfosten eines Weidezauns, die sogar als solche noch neu ausgetrieben sind!). Die Triebe auf der Krone lassen Sie ein Jahr wachsen, bevor sie diese bis auf den Aststummel kappen. Das „Köpfen“ der Kopfweide wiederholen Sie dann alle ein bis zehn Jahre.

Eine Kopfweide zu pflanzen heißt Verantwortung zu übernehmen. Denn wenn Sie die Sache mit dem Rückschnitt schludern lassen, bricht der Baum womöglich durch die künstlich geschaffene Statik unter der Last der Äste zusammen. Sie sollten bei der Entscheidung für eine Pflanzung auch ihre Nachkommen einbeziehen, schließlich werden Kopfweiden in der Regel 100 Jahre, bisweilen auch doppelt so alt. Aber Sie können die Pflege ja einfach zur Bedingung im Testament machen. Immerhin sind dann vielfältig nutzbare Weidenruten Bestandteil der Erbmasse.

Wer hätt’s gedacht?

43 Vogelarten sind im Stadtpark nachgewiesen. Laut auf sich aufmerksam machen die Stockenten in Ibrüggers Teich und der Dalke. Diese Wasservögel brüten nicht nur am Boden und im Ufersaum, sondern bauen ihre Nester auch auf Bäumen, in Baumhöhlen, sogar in Blumenkübeln – und mitunter auf dem Stamm von Kopfweiden, deren austreibende Zweige ein hervorragendes Versteck bilden. Man könnte auch sagen, sie brüten auf dem „Stock“, weil die Bäume „auf den Stock gesetzt“, d. h. bis zum Stamm zurückgeschnitten werden – womit die Stockente zu ihrem Namen kam.



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