Königslilie

Die Königslilie ist eine sehr späte Errungenschaft unserer Gärten. Sie wuchs nur an einer – und dazu noch an einer sehr schwer zugänglichen – Stelle der Welt, im chinesischen ›Min-Flusstal, das an Tibet grenzt.

Die englische Gartenfirma ›Veitch and Sons sandte 1910 wieder einmal eine botanische Expedition aus. Ihr Leiter, ›Ernest Henry Wilson, fand die Lilie. Seine Geschichte mag Beispiel sein für all die kühnen und gelehrten Leute, die unsere Gärten mit wunderbaren Blumen aus der ganzen Welt bereicherten.

Eine enge Straße führte im Min-Tal durch eine Schlucht zwischen bröckeligem Gestein. Wilson hatte schon alles organisiert, um 7.000 Zwiebeln der Königslilie abzusenden. Er befand sich in dem Tal, als ein Steinschlag niederging und ihm ein Felsblock ein Bein zerschmetterte. Hinter ihm kamen 50 Maulesel. Augenblicklich musste Wilson aus Platzmangel auf seinem Rücken quer über den Pfad gelegt werden. Und die Tiere, kluge und vorsichtige Maulesel, stiegen über ihn hinweg, ohne ihn zu berühren. Sag mir einer was gegen Maulesel.

Wilson überlebte den Unfall, wenngleich er sein Leben lang humpelte – er selbst sprach von seinem „Liliengehumpel“. Von seinem Fund und seinen 7.000 Zwiebeln stammen alle Königslilien in den Gärten der Welt ab.

Anna Rogge mit Lilie

Karl Rogges Ehefrau Anna

Bedeutung der Lilien

Die Griechen streuten Lilien auf ihre Gräber. Lilien, so hieß es auch, blühten auf den Gräbern unschuldig Hingerichteter. Aber die eigentliche Trauerpflanze der Griechen war der Asphodelos, eine weiße Lilienart (Asphodelos ramosus).

Die Lilie war überall Symbol der Keuschheit und der Jungfräulichkeit. Die Blume der Hera war daher die keusche Lilie. Auch Maria, die Mutter Gottes, wird sehr, sehr oft mit einer Lilie dargestellt. Auf den meisten Bildern der Verkündigung stehen die obligaten Lilien in Vasen. Es gibt aber auch Bilder der Verkündigung, auf denen die Lilie ohne Staubfäden dargestellt ist, wohl die äußerste Verleugnung der Natur.

Die Lilie ist das Wappen der ›Bourbonen. Die französische Lilie ist keine Lilie, sondern eine Iris. Obgleich wohl am häufigsten erwähnt und gezeichnet, in Stein gehauen, auf Stoff gedruckt und in Stoff gewebt – man muss nur genauer hinschauen, dann erkennt man es.

Die griechische Dichterin ›Sappho nannte die Rose die Königin der Blumen. Dann ist die Lilie der König der Blumen, heißt es auf französisch. Denn auf französisch ist die Lilie männlich.

Lilienwasser, Eau de lys, wurde seit 1765 als Gesichtswasser gebraucht. Der Saft von Lilien galt schon immer als das beste Mittel gegen Sommersprossen.

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