Kaukasische Flügelnuss

Kaukasische Flügelnuss

Elfenketten und Fischgift

Die Früchte erinnern an Dartpfeile, mit ihren Fruchtständen schmücken sich Naturgeister und ihr Laub kann ganze Fischschwärme betäuben – die Kaukasische Flügelnuss ist zweifellos kein gewöhnlicher Baum. Hunderte Menschen gehen täglich an einem Flügelnusstrio im Stadtpark Gütersloh vorbei, ohne von alledem auch nur zu ahnen …

Woher stammt der Name „Kaukasische Flügelnuss“?

Die Flügelnuss ist eine Verwandte der Wallnuss – das erklärt die „Nuss“ im Namen. Ihre Früchte haben durch den Saum der angewachsenen Hülle „Flügel“, die an die Enden von Dartpfeilen erinnern – so wird aus der Nuss eine Flügelnuss. Das Kaukasische an ihr klären wir im nächsten Abschnitt.

Der botanische Name „Pterocarya fraxinifolia“ setzt sich aus den vier griechischen bzw. lateinischen Vokabeln für Flügel, Nuss, Esche und Blatt zusammen, bedeutet also übersetzt „Eschenblättrige Flügelnuss“. Ihre Blätter erinnern in der Tat an Eschenlaub.

Woher stammt die Kaukasische Flügelnuss?

Die ältesten bekannten Kaukasischen Flügelnüsse sind mehrere Millionen Jahre alt und stammen – nein, nicht direkt aus dem Kaukasus, aber auch nicht allzu weit von dort entfernt. In der Nähe des türkischen Dorfes ›Güvem lag damals inmitten eines Laubwalds ein Süßwassersee, etwa so groß wie die Müritz.

Was im Pliozän an Pflanzen und Tieren auf den Grund des Gewässers sank, finden die Archäologen heute als Versteinerungen in den Berghängen Anatoliens. In diesem Dorado für alle Urzeitforscher sammeln die Wissenschaftler reihenweise Flügelnuss-Fossile und konnten so nachweisen, dass diese Bäume bereits vor fünf Millionen Jahre die Uferböschungen in der Region begrünte.

So liegt auch der Genpool der heutzutage wachsenden Exemplare zwischen Türkei und Tschetschenien, zwischen Abchasien und Aserbaidschan – im Kaukasus halt. Ende des 18. Jahrhundert wurde die Kaukasische Flügelnuss zunächste als Nutzbaum für die Funierholzgewinnung in Europa angepflanzt.

Dann entdeckten die Hofgärtner den Baum für die hochherrschaftlichen Park- und Gartenanlagen: Der malerisch ausladende Wuchs, die gefurchte Borke, die ungewöhnlichen Früchte – eben die Flügelnüsse –, die auffallenden, bis zu 40 cm langen, herabhängenden Fruchtstände (romantisierend als „Elfenketten“ bezeichnet) und die dekorative gelbe Herbstfärbung machten aus dem Nutz- einen Zierbaum.

Wo finde ich Kaukasische Flügelnüsse im Stadtpark Gütersloh?

Ein Flügelnuss-Trio wirft seinen Schatten auf die Kugelkaskade an Ibrüggers Teich.

Wie pflanze ich eine Kaukasische Flügelnuss im eigenen Garten?

In Anatolien wuchsen Flügelnüsse am Urzeitsee, im Stadtpark Gütersloh wachsen Flügelnüsse an Ibrüggers Teich – so kurz diese Auflistung auch ist, so zeigt sie doch ein gewisses Muster: Dieses Gehölz steht gerne an Gewässerrändern.

Ein Teich ist aber nicht zwingend notwendig, um sich eine Kaukasische Flügelnuss in den Garten zu stellen. Der Baum gilt als recht standorttolerant, sowohl staunässe- als auch trockenresistent und damit quasi unverwüstlich. Dennoch ist er in ostwestfälischen Privatgärten eher selten anzutreffen.

Mit der Wahl für diesen Exoten treffen sich eine generationenübergreifende Entscheidung, die ihre Nachkommen betrifft, ohne sie zu belasten: Die Kaukasische Flügelnuss wird rund 150 Jahre alt, ist aber Zeit ihres Lebens absolut pflegeleicht.

Wer hätt’s gedacht?

Wie der verwandte Walnussbaum ist die Kaukasische Flügelnuss in der Lage, ein eindrucksvolles Pestizid zu produzieren: Das sogenannte Juglon hemmt oder verhindert das Keimen vieler Pflanzen. Der Baum bildet das Gift in seinen Blättern. Fallen diese zu Boden, behindern sie rund um den Stamm das Wachstum unliebsamer Konkurrenten um Wasser und Nährstoffe. Man kann den – für Menschen ungefährlichen – Wirkstoff freisetzen, indem man Flügelnussblätter zerreibt oder zerstampft.

Und nicht nur vielen Pflanzen, sondern auch Pilze und Fischen macht Juglon das Leben schwer. Das nutzten Jahrhunderte lang Fischer am Kaspischen Meer für den Fischfang: Sie streuten zerriebenes Flügelnusslaub ins Wasser, um Fische zu betäuben und so leichter fangen zu können.

Für den Fischbestand von Ibrüggers Teich – es tummeln sich zwischen 300 und 400 Fische, zumeist Plötze, darin – sind ins Wasser gefallenen Flügelnussblätter allerdings keine wirkliche Gefahr. Die geht allein vom gut gemeinten, aber schädlichen Entenfüttern mit Brot aus, das den Phosphatgehalt des Gewässers auf das Vier- bis Fünffache über die Werte eines gesunden Gewässers getrieben hat.



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