Medizin für muskelkranke Mönche
Die Kartäusernelke schmückt Natur und Parks von Mai bis September mit ihren bis zu 40 cm hohen, pink- bis purpurfarbigen Blüten. Die Exemplare im Botanischen Garten Gütersloh üben einen besonderen Reiz sowohl auf motivsuchende Fotografen als auch auf nektarsuchende Schmetterlinge aus.
Woher stammt der Name „Kartäusernelke“?
Die Kartäusernelke gehörte im Mittelalter zur Standardausstattung vieler Klostergärten. Früh ist die Nelkenzucht vom Orden der Kartäuser überliefert. Die Mönche im namensgebenden Mutterkloster ›La Grand Chartreuse bewohnten kleine Einsiedeleien, zu denen jeweils auch ein Garten gehörte. Wie im Klostergarten üblich, pflanzten die Mönche die Blume nicht als Zier-, sondern als Arzneipflanze: Alle Teile der Nelke enthalten seifige Bestandteile. Als Tinktur aufgetragen, lindert die daraus hergestellte Flüssigseife Rheuma- und Muskelschmerzen.
Dieses Pflanzenporträt ist, nach der Kuckucks-Lichtnelke und der Heidenelke, schon das dritte zu einer Nelke, so dass wir den Namen der Nelke schon zweimal beleuchtet haben. Beschränken wir uns daher auf eine freie Übersetzung des botanischen Pflanzennamens „Dianthus carthusianorum“. Diese könnte „Zeus-Blume der Kartäuser“ lauten. Ob es dem heiligen Bruno gefallen hätte, dass sein Orden dem griechischen Göttervater folgt, selbst wenn es nur in einem Pflanzennamen ist?
„Schuld“ am botanischen Namen ist einmal mehr Carl von Linné, der regelmäßig in dieser Rubrik auftaucht. Als er 1753 den botanischen Namen festlegte, folgte er dem Volksmund. Denn bei der Namensgebung dieser Nelkenart übt man sich in Europa in seltener Einigkeit: In Dänemark heißt die Pflanze „karthäusernellike“, in Frankreich „ouillet des Chartreux“, in Polen „goźdik kartuski“, in Ungarn „karthauzi szegfü“. Hinzu kam, dass der Schwede Carl von Linné auf keinen Namen für die Pflanze in seiner eigenen Sprache zurückgreifen konnte, den er hätte übersetzen können. Der schwedische Volksmund kennt keinen Namen für diese Nelkenart, was aber nicht verwundert: Kartäusernelken kommen jenseits von Nord- und Ostsee nicht vor.
Woher stammt die Kartäusernelke?
Nicht aus Schweden, aber das wussten Sie ja nun schon. Die Wildstaude wächst auf sonnigen Hügeln, an felsigen Berghängen, in sandigen Wäldern und auf kargen Heiden zwischen zwischen Nordsee und Adria, zwischen der französischen Atlantikküste und dem Schwarzen Meer.
Wo finde ich Kartäusernelken im Botanischen Garten Gütersloh?
Zwischen Felsenbirne und Birkenhain.
Wie pflanze ich Kartäusernelken im eigenen Garten?
Ohne viel Arbeit. Auf den sandigen Böden im Kreis Gütersloh gedeihen die anspruchslosen Stauden bestens. Bemerkenswert ist ihre für Nelken außergewöhnliche Frosthärte. Kartäusernelken überstehen locker Temperaturen von bis zu -25 °C. Dass viele Exemplare dennoch den Winter nicht überleben, liegt nicht an der Kälte, sondern an der Bodennässe und überschüssiges Schmelzwasser, mit dem die trockenheitsliebenden Pflanzen nicht zurechtkommen.
Wer hätt´s gedacht?
Die Kartäusernelke ist die mit Abstand am weitesten verbreitete Staude Deutschlands. Leider nicht in der Natur – dort gilt sie nicht bundesweit, aber in einigen Bundesländern als gefährdet und steht unter Naturschutz. Allerdings ist sie das Motiv der ›70-Cent-Briefmarke aus der Dauermarken-Serie „Blumen“. So wurde ihr Motiv seit 2006 schon ´zig Millionen Mal gedruckt, geklebt und durch die ganze Republik geschickt. Allerdings wird laut Deutscher Post 2019 das Porto für einen Standardbrief 80 Cent kosten. Wer nach der „Preisanpassung“ (Unternehmens-Deutsch für „Preiserhöhung“) eine Kartäusernelke bewundern möchte, ist herzlich in den Botanischen Garten Gütersloh eingeladen.
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Mehr Pflanzenporträts …
… finden sich im humorvollen Stadtpark-Führer „Ab in die Botanik“ unserer Mitglieder Matthias Borner und Daniela Toman. Das ebenso informative wie unterhaltsame Buch mit mehr als 200 Fotos können Sie auf der Seite ›www.guetersloherisch.de erwerben und sich versandkostenfrei zuschicken lassen.