Großes Immergrün

Heimischer Exot

Das Große Immergrün ist auf den ersten Blick nicht die aufregendste Pflanze im Stadtpark Gütersloh. Außerhalb der Blütezeit im Mai wird der eher unscheinbare Bodendecker regelrecht übersehen. Dabei ist er aus Sicht seiner Pflanzenfamilie ein echter Exot – so weit nach Norden hat sich nahezu niemand aus der riesigen Verwandtschaft getraut.

Woher stammt der Name „Großes Immergrün“?

Tja, man sollte meinen, weil das Große Immergrün immer grün ist und größer als das Kleine Immergrün – aber ist es tatsächlich so simpel?

Eine Pflanze nennt man „immergrün“, wenn sie ganzjährig Blätter trägt. Es gibt auch Pflanzen, die zwar den Winter über belaubt bleiben, ihre Blätter aber vor der nächsten Blüte abwerfen. Diese nennt man „wintergrün“ (und „sommergrün“ entsprechend solche, die nur von Frühling bis zum Herbst Blätter tragen). Im Vergleich zu sommergrünen Pflanzen ist das Laub von immer- und wintergrünen oft dicker und besitzt eine wachsartige Schicht – so auch beim Großen Immergrün. Die Schicht schützt die Pflanze vor Verdunstung, wenn sie im Winter kein Wasser aus dem gefrorenen Boden aufnehmen kann.

Die Wuchshöhe des Großen Immergrüns ist mit 20 bis 30 Zentimetern absolut gesehen nicht beeindruckend groß. Relativ gesehen aber schon: Es wächst doppelt so hoch und hat auch doppelt so große Blätter wie das – robustere und daher wesentlich verbreitetere – Kleine Immergrün.

Sie sehen: Ja, manchmal ist es tatsächlich so simpel …

Großes Immergrün

Als „Vinca major“ findet sich die Staude im Botaniklexikon. Der Gattungsname „Vinca“ könnte von „vincere“ = „(be)siegen“ stammen, besiegt doch die Pflanze mit dem immergrünen Laub symbolisch den Winter. Mehrheitlich tendieren die Sprachforscher nach Abstimmung mit den Kollegen aus der völkerkundlichen Abteilung aber zur Herleitung von „vincire“ = „umwinden“. Denn mit den langen, elastischen Stängels wurden schon in der Antike Kränze gewunden. „major“ heißt „groß“.

Woher stammt das Große Immergrün?

Aus dem Mittelmeerraum. Mit den menschlichen Handelsbeziehungen breitete es sich erst über große Teile Eurasiens, dann in Nordamerika, zuletzt in Australien und Ozeanien aus. „Down under“ bekämpft man es als invasive Art, da es einheimische Arten überwuchert und diese an Lichtmangel eingehen.

Wo finde ich Großes Immergrün im Stadtpark Gütersloh?

In den Beeten entlang der Wiesenfläche des Botanischen Gartens.

Wie pflanze ich Großes Immergrün im eigenen Garten?

Als echte Alternative zum Efeu, wenn sie einen schnellwachsenen Bodendecker suchen. Die Staude ist genauso anspruchslos und schattenverträglich, klettert aber nicht an Mauern und anderen Pflanzen empor. Zudem schmückt sie Ihren Garten im Mai mit großen, himmelblauen Blüten. Efeu ist sicherlich robuster und auch winterhärter als die Mittelmeerstaude, aber Winter mit längeren Perioden unter -15 Grad gibt es bei uns längst nicht mehr so häufig, als dass sie um Ihr Immergrün-Beet fürchten müssten.  

Wer hätt’s gedacht?

Das Große Immergrün gehört zur Pflanzenfamilie der Hundsgiftgewächse. Das ist deshalb erwähnenswert, weil diese „Großfamilie“ zwar aus fast 400 Gattungen und rund 4.500 Arten besteht – aber von diesen 4.500 gerade einmal drei bei uns in Mitteleuropa heimisch sind: die Schwalbenwurz, das Kleine Immergrün und, Sie ahnen es, das Große Immergrün.

Die Verwandten – darunter auffallend viele Lianen – haben es sich dagegen fast alle in den Tropen und Subtropen gemütlich gemacht: Hundsgiftgewächse finden sich in Kenia und Florida, in Kuba und Kambodscha, auf Madagaskar wie auf Sumatra. Und eben im Botanischen Garten Gütersloh, nicht nur in Form der Immergrünbeete, sondern auch einiger Oleander, den sicherlich bekanntesten Vertretern dieser Familie. Das meist so unscheinbare Immergrün ist also aus Sicht der eigenen Familie aufgrund seines Verbreitungsgebiets ein echter Exot.

Aber kann man tatsächlich glauben, mit wem das Immergrün da verwandt sein soll? Was hat der Bodendecker mit einer 6 Meter hohen Madagaskarpalme, der bizarr anmutenden Wüstenrose, einem üppigen Goldtrompetenstrauch oder eben auch einem Oleander gemeinsam, um nur einige der Verwandten zu nennen?

Nun, bei aller Unterschiedlichkeit in den Äußerlichkeiten finden sich auch Gemeinsamkeiten zwischen diesen Pflanzen: Alle sind immergrün, saftreich und – nomen es omen – in allen Teilen giftig, und zwar nicht nur für Hunde! Der Apfel fällt eben auch bei Hundsgiftgewächsen nicht weit vom Stamm.



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