Gemeiner Wacholder

Gemeiner Wacholder

Zypresse des Nordens und Zierde der Heide

Wacholder kommt überall vor: im Apothekergarten, in Südgrönland und aus gutem Grund im Wappen einer Gütersloher Nachbargemeinde. So hält er einen besonderen Verbreitungsrekord.

Woher stammt der Name „Gemeiner Wacholder“?

Heißt Wacholder „Wachhalter“? Diese Deutung bezieht sich auf den Volksglauben, Seelen Verstorbener könnten sich in auf Gräbern gepflanzten Wacholdern verstecken und sogar wieder ins Leben zurückkehren. Wachhalter wäre also im Sinne von „Lebendighalter“ zu verstehen. Allerdings halten misstrauische Sprachforscher die Sache mit dem Seelenversteck für unbewiesen. Sie sehen vielmehr einen Zusammenhang mit den althochdeutschen Wörtern für „wachsen“, „wickeln“ oder „frisch“ (im Sinne von „immergrün“), was wesentlich wahrscheinlicher, aber leider auch weniger spektakulär ist.

„Juniperus“ heißt der Wacholder bei den Botanikern. Darin steckt das lateinische „iuncus“ für Binse – Wacholderzweige wurden auch zum Flechten genutzt. Diesem Wortbestandteil verdanken die Pflanzen ihren französischen Namen „genévrier“ und wir im weiteren Verlauf den Genever, einen Wacholderschnaps belgischer und niederländischer Herkunft. Insgesamt könnte man den wissenschaftlichen Namen frei mit „binsenartige Schösslinge Treibender“ übersetzen.

Rund 70 Wacholderarten gibt es; in Gütersloh begnügen wir uns mit der Standardausführung „Juniperus communis”, also dem Gemeinen Wacholder.

Woher stammt der Gemeine Wacholder?

Rekord: Der Gemeine Wacholder ist die am weitesten verbreitete Nadelbaumart der Welt! Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich über die komplette nördliche Hemisphäre, von Südgrönland bis Nordafrika, von Nordamerika über Europa bis nach Ostasien, und das vom Flachland bis ins Hochgebirge auf bis zu 4.000 Metern Höhe.

Obwohl er so verbreitet ist, kommt er bei uns in Deutschland nicht häufig vor. Er ist gegenüber anderen Gehölzen sehr konkurrenzschwach, zumal er viel Licht braucht. So muss er meist auf unwirtliche Standorte ausweichen. Doch wo es anderen Gehölzen zu sandig, zu steinig oder zu trocken ist, blüht der Gemeine Wacholder auf.

In Deutschland findet man ihn häufig dort in größerer Zahl, wo Flächen über jahrhunderte als Viehweide genutzt wurden. Da der Wacholder vom Vieh nicht verbissen wird, konnten sich der Wacholder dort konkurrenzlos ausbreiten – wie zum Beispiel zwischen Lüneburg und Celle, wo er als „Zierde der Heide“ und zugleich als „Zypresse des Nordens“ gilt.

Wo finde ich Gemeinen Wacholder im Botanischen Garten Gütersloh?

Im Apothekergarten. Die getrockneten Beerenzapfen, ihr ätherisches Öl und das Ast- und Wurzelholz werden seit Urzeiten als Heilmittel genutzt, u. a. bei Verdauungsstörungen, Magen-Darm-Erkrankungen und Sodbrennen.

Von dort war es nicht mehr weit bis zur Erfindung des Steinhägers. Im 15. Jahrhundert stellten die ›Steinhagener die ersten urkundlich erwähnten Wacholder-Arzneien her. Spätestens ab dem 17. Jahrhundert galten diese Tränke schon nicht mehr als reine Arznei-, sondern als Genussmittel. Steinhäger wurde zu einem deutschlandweit bekannten Wacholderschnaps. So findet sich die Pflanze nicht nur im Gütersloher Apothekergarten, sondern auch im Steinhagener Wappen.

Wie pflanze ich Gemeinen Wacholder im eigenen Garten?

Ob faule Gärtner oder sandiger Lehmboden – den Wacholder stört’s nicht. So man ihm die Konkurrenz und den Schatten vom Hals hält, wird das Zypressengewächs von ganz alleine groß, und zwar als Strauch bis zu fünf, als Baum bis zu zehn Meter. Das allerdings sehr langsam, denn der Wacholder hat Zeit: Er kann Jahrhunderte alt werden, in Einzelfällen über tausend Jahre. Dabei kommt er ohne Pflege, ohne Düngen und Wässern aus.

Sie wollen ihr Exemplar wenigsten ein bisschen in Form bringen und stutzen? Nur zu, die Pflanze ist äußerst schnittverträglich. Sie verzeiht laienhaft durchgeführtes Rumgeschnippel ebenso wie professionelle Verstümmelung: Wacholder lassen sich gut als Bonsai kultivieren.

Wer hätt’s gedacht?

Über eine halbe Millionen Treffer gibt die Googlesuche für den Begriff „Wacholderbeeren“ aus. Botaniker verdrehen angesichts des Suchbegriffs die Augen, denn botanisch gesehen tragen Nadelbäume keine Früchte, also auch keine Beeren. Der Wacholder bildet stattdessen Beerenzapfen. Nun sind Botaniker im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung aber offensichtlich deutlich in der Minderheit, wie eine zweite Google-Suche nach „Wacholderbeerenzapfen“ belegt: Die ergibt nur 11.400 Treffer. Und fast alle davon stammen von Botanikern, die erklären, dass es nicht „Wacholderbeeren“, sondern „Wacholderbeerenzapfen“ heißen müsste. Ein sinnloses Unterfangen …



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