Gemeiner und Chimären-Goldregen

Goldregen

Nur gucken, nicht schlucken!

Goldregensamen gehören in den Grund, nicht in den Mund. Ins Erdreich gesteckt, erwächst aus ihnen ein bis zu 6 Meter hoher Großstrauch bzw. Kleinbaum, der mit üppiger Blütenpracht bezaubert. Im Magen von Mensch und Tier machen sie weit weniger Freude.

Woher stammt der Name „Goldregen“?

„Kikeriki! Unsere goldene Jungfrau ist wieder hie!“, kräht der Hahn, als die Goldmarie von Frau Holle nach Hause zurückkehrt. Zuvor war das Mädchen mit einem Regen aus Gold für ihren Fleiß belohnt worden. Wer sich wie die märchenhafte Goldmarie fühlen möchte, stelle sich zwischen April und Juni unter einen blühenden Goldregen-Strauch. Hält ein leichter Wind die langen, goldgelb leuchtenden Blütentrauben in Bewegung, ist die kurzfristige Illusion eines „goldenen Regens“ perfekt. Leider hat man danach nicht die Taschen voll Gold, sondern voll klebrigem Blütenstaub. In Ihrem Alter sollten Sie aber auch nicht mehr jedes Märchen glauben …

„Laburnum anagyroides“ nennen Botaniker den Gemeinen Goldregen, weitestgehend ohne zu wissen, warum. Die Herkunft des Gattungsnamen „Laburnum“ liegt im Dunkeln, die alten Römer haben leider vergessen zu notieren, warum schon sie den Strauch so nannten. „anagyroides“ verweist auf den botanischen Namen des ›Stinkstrauchs, dessen Blätter und Blüten denen des Goldregens ähneln. Zum Glück nur optisch und nicht olfaktorisch, denn der Stinkstrauch trägt seinen Namen zurecht.

Woher stammt der Gemeine Goldregen?

Dass sich Goldregen schon im antiken Rom einen Namen gemacht hatte, liegt an seiner ursprünglichen Verbreitung in Süd- und Südosteuropa. Ab dem 16. Jahrhundert gelangte er auch in nördlichere Breiten, etablierte sich als Zierbaum in Gärten und Parks und verwilderte mancherorts, so dass man als seine Heimat mittlerweile „Europa“ angeben kann.

Wo finde ich Goldregen im Botanischen Garten Gütersloh?

Zwei Exemplare des Gemeinen Goldregens wachsen im Lavendelgarten (eines direkt neben der Voliere), eines im Mediterranen Garten und eines im Apothekergarten. Ein Chimären-Goldregen steht an der Hyazinthenwiese, vor dem Parkplatz des Fachbereichs Grünflächen.

Wie pflanze ich Goldregen im eigenen Garten?

Trotz seiner überwältigenden Erscheinung ist der Goldregen recht pflegearm. Aus Südeuropa stammend, ist er Trockenperioden gewöhnt. Gießkanne, Dünger und Gartenschere können sie im Schuppen lassen. Entscheidend ist der Standort: Je wärmer und sonniger desto üppiger der Wuchs und die Blüte.

Damit wollen wir es mit den Pflanztipps bewenden lassen zugunsten einer Pflanzwarnung. Goldregen ist zwar nicht die giftigste Pflanze in unseren Gärten (das ist der Blaue Eisenhut), aber er führt nach Angaben der Giftnotrufzentralen eine traurige Statistik an: Keine andere Pflanze führt bei Kindern zu mehr Vergiftungen in Deutschland als der Goldregen. Offenbar ist die gelbe Blütenpracht zu verlockend und wecken die Schoten die kindliche Neugier zu sehr, als dass die Blagen widerstehen könnten.

Aufsehen erlangte 2003 ein Fall aus Wetzlar in Hessen: Dort lag eine 20-köpfige Grundschulklasse im Krankenhaus, nachdem ein Drittklässler Goldregensamen am Rande des Schulhofs gesammelt und an seine Mitschüler verteilt hatte. Alle Pflanzenteile enthalten das giftige Cytisin; als tödliche Dosis bei Kindern gelten 15, bei Erwachsenen 25 Samen.

Dass es relativ wenige Todesfälle gibt und auch in Wetzlar niemand langfristig zu Schaden kam, liegt daran, dass der Körper spontan mit heftigen Magen-Darm-Krämpfen und Erbrechen reagiert, um den Giftstoff loszuwerden. Gelingt das jedoch nicht, führt Cytisin zum Kreislaufkollaps und zur Atemlähmung. „Am Rande des Schulhofes“ hat Goldregen also nichts verloren. Ob er in Ihrem Garten besser platziert ist, wissen Sie am besten.

Wer hätt’s gedacht?

Trotz seiner Giftigkeit, der Gemeine Goldregen kann sich auch nützlich machen:

  1. Als Brechmittel sind Goldregensamen sehr wirksam, verlangt aber aus den oben beschriebenen Gründen sehr genaue Kenntnisse sowie eine gehörige Portion Todesverachtung. Die heutige Medizin sieht davon ab.
  2. Im Zweiten Weltkrieg verwendeten Soldaten Goldregenblätter als Nikotinersatz. Noch heute werden Samen bei der Raucherentwöhnung eingesetzt, als Ersatzdroge, die das Nervengift Nikotin imitiert. Nikotin und Cytisin sind untereinander kreuztolerant; wer seinen Körper jahrelangen Zigarettenkonsum ausgesetzt hat, bei dem wirkt Cytisin weniger stark. Was nach einer guten Nachricht für Kettenraucher klingt, ist in Wirklichkeit nur ein anschaulicher Beleg, wie giftig und schädlich Nikotin für den Körper eigentlich ist.
  3. Das dunkle, harte Goldregenholz wurde in Schottland für die Herstellung von Dudelsackpfeifen verwendet, bevor bei den sonst so sparsamen Clans exotischere Hölzer in Mode kamen. Mittlerweile sind witterungsunempfindliche Kunststoffpfeifen kein Sakrileg mehr.
  4. Als Augenschmaus und Fotomotiv – diesen Zweck erfüllt der Goldregen im Botanischen Garten Gütersloh vorbildlich.

Neben den Gemeinen Goldregen, der, wie sein Name sagt, hundsgewöhnlich ist, findet sich im Botanischen Garten Gütersloh auch ein Chimären-Goldregen – und der ist relativ selten zu finden und darüber hinaus eine botanische Besonderheit und Kuriosität.

Der Chimären-Goldregen entstand 1825 durch Zufall: Eine französische Baumschule wollte Purpur-Zwergginster (Cytisus purpureus) durch ›Pfropfung auf Goldregen veredeln. In einem Nebenspross entsprang der Chimären-Goldregen (Laburnocytisus adamii), der also zwei genetisch unterschiedliche Pflanzenarten verschiedener Gattungen in sich trägt und so Blütentrauben in zwei unterschiedlichen Farben hervorbringt: Am selben Zweig hängen gelbe Goldregen- und purpur-rosarote Ginster-Blütentrauben!



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