Färber-Hundskamille

Färber-Hundskamille

A Hund is sie scho!

Eine Pflanze, die eine Beleidigung im Namen trägt – wo gibt´s denn so etwas? Im Botanischen Garten Gütersloh! Dabei trifft die Schmähung die Färber-Hundskamille völlig zu Unrecht.

Woher stammt der Name „Färber-Hundskamille“?

In Bayern mag der Ausdruck „A Hund is a scho!“ bewundernder Ausdruck für die Gerissenheit einer Person sein. Doch im vorliegenden Fall ist die Bezeichnung „Hundskamille“ abwertend gemeint. Als Referenz für die negative Beurteilung wurde die Echte Kamille herangezogen, bekannt für ihren angenehmen Duft und ihre verlässliche Heilwirkung bei Entzündungen, Magen- und Darmbeschwerden. Der Hundskamille verblasst dagegen; sie war im Volksmund keine besondere, sondern eben eine „hundsgewöhnliche“ Kamillenart. 

Doch Moment! Unter den rund 100 hundsgewöhnlichen Hundskamillen-Arten findet sich eine, die doch etwas Besonderes ist. Sie verblasst keineswegs, im Gegenteil: Die Blüten der Färber-Hundskamille enthalten einen hohen Anteil des Farbstoffs Luteolin. Sie tauchen Textilien in ein kräftiges Gelb. Die Staude wird seit Jahrhunderten zum Färben von Stoffen, früher vor allem von Wolle und Leinen, verwendet und auch heute noch industriell angebaut.

„Anthemis tinctoria“ lautet der botanische Name. Der griechische Wortbestandteil „anthemon“ = „Blume“ spielt auf den Blütenreichtum der Pflanze an. Die Endung „-emis“ ist ein Bezug auf die griechische Göttin Artemis, die u. a. als Hüterin der Gebärenden wirkte – viele Arten aus der Familie der Korbblütengewächse werden in der Volksmedizin bei Frauenleiden verwendet.

Der Artname „tinctoria“ stammt vom lateinischen „tingere“, was „färben“ bedeutet.

Woher stammt die Färber-Hundskamille?

Die Färber-Hundskamille stammt ursprünglich aus Mitteleuropa. Im Zeitalter der Entdeckungen wurde sie durch den Menschen als Zier- und Nutzpflanze in Asien, Nordamerika und Australien kultiviert. Dort verwilderte sie und ist daher mittlerweile auf der gesamten Nord- und Teilen der Südhalbkugel verbreitet.

Wo finde ich Färber-Hundskamille im Botanischen Garten Gütersloh?

Auch wenn die Pflanze heute in Schottland, Skandinavien und Sibirien wächst, von alleine hätte sie sich wohl nicht so weit ausgebreitet. Sie mag es eher trocken, warm und hell. So ist sie im Sonnengarten am besten aufgehoben, wo sie die Beete zusammen mit der Goldgarbe gelb einfärbt.

Wie pflanze ich Färber-Hundskamille im eigenen Garten?

Die Färber-Hundskamille gehört zu den Pflanzen, bei denen in Sachen Pflege weniger mehr ist. Die Staude ist eine Pionierpflanze, d. h. sie besiedelt vegetationsfreie Gebiete z. B. nach Bränden oder Erdrutschen als erste. Entsprechend anspruchslos ist sie und gedeiht auf sandigen, kiesigen oder steinigen, auf jeden Fall kargen Böden am besten – ist also ideal für die ostwestfälische Emssandebene geeignet.

Setzt ein übereifriger Gärtner sie in nährstoffreiche Erde und gießt sie täglich, geht die Pflanze zwar nicht ein, bildet aber mehr Blätter als Blüten und knickt um – was diese Gärtner dazu verleitet, ihre Pflegebemühungen zu intensivieren und so alles noch schlimmer zu machen.

Stimmt der Standort, hat man nichts weiter zu tun, als sie nach der Blüte im September zurückschneiden, um die Bildung neuer, kräftiger Triebe anzuregen. Eine ideale Pflanze, um nach drei Wochen aus dem Sommerurlaub zurückzukehren und doch noch etwas Blühendes unter all dem hoffnungslos Vertrockneten im Garten vorzufinden!

Wer hätt’s gedacht?

Typische Pionierpflanzen teilen ein Schicksal: Sie sind konkurrenzschwach. Mit der Zeit siedeln sich um sie herum andere Pflanzen an, die z. B. höher wachsen und die Pioniere verdrängen. Diese müssen sich deshalb immer neue, noch unbesiedelte Lebensräume suchen. Das gilt auch für die Färber-Hundskamille.

Ausgerechnet der Mensch, der die Habitate so vieler Pflanzen zerstört und zu ihrer Ausrottung beträgt, wirkt aus Sicht dieser Pflanze arterhaltend – wenn auch unfreiwillig: Durch Anlage von Schutthalden, Schotterwegen, Brachflächen, Straßengräben oder Bahndämmen entstehen immer wieder neue geeignete Standorte für diese Erstbesiedler.

Und so lange sie Stoffe und Beete in ein derart leuchtendes Gelb taucht wie im Botanischen Garten, gehört die Färber-Hundskamille zu den letzten Kandidaten für die Rote Liste.



Mehr Stauden und Bäume im Stadtpark und Botanischen Garten Gütersloh:


Mehr Pflanzenporträts …

… finden sich im humorvollen Stadtpark-Führer „Ab in die Botanik“ unserer Mitglieder Matthias Borner und Daniela Toman. Das ebenso informative wie unterhaltsame Buch mit mehr als 200 Fotos können Sie auf der Seite ›www.guetersloherisch.de erwerben und sich versandkostenfrei zuschicken lassen.


Lesen Sie als nächstes …

Schimbambus

Schirmbambus

Garten-GAU in Blankenese Der immergrüne Schirmbambus bringt fernöstliches Flair in ostwestfälische Gärten und ist dabei anspruchslos, pflegearm und frosthart bis -25 Grad. Doch dass er bei Gärtnern derart beliebt ist,… Weiterlesen