Weißer Stechapfel

Weißer Stechapfel im Sonnengarten Gütersloh

Gefährlicher Rausch

Der Weiße Stechapfel ist schön, aber gefährlich. Wer ihn so dekorativ im Botanischen Garten Gütersloh stehen sieht, kommt nicht auf die Idee, dass man wahre Horrortrips mit ihm erleben kann – wenn man nur neugierig und dumm genug ist.

Woher stammt der Name „Weißer Stechapfel“?

Die Früchte des weiß blühenden Stechapfels sind rund wie ein Apfel und stachelig wie eine Kastanie – mehr gibt es dazu nicht festzustellen. Außer vielleicht noch, dass das Verspeisen von Äpfeln bekanntermaßen gesund, das von Stechapfelfrüchten dagegen äußerst ungesund, ja lebensbedrohlich ist.

Wesentlich geheimnisvoller als der deutsche Trivialname ist die botanische Bezeichnung des Weißen Stechapfels „Datura stramonium“. Der Gattungsname „Datura“ ist ein Wort aus dem alt-indischen ›Sanskrit für die Pflanze, das die persische Wortwurzel „tat“ für „stechen“ enthält. Der Artname „stramonium“ ist ebenfalls eine Bezeichnung für die Pflanze, wie ihr französischer Name „stramoine“ verrät. Die Wortherkunft bleibt allerdings im Dunkeln.

Woher stammt der Weiße Stechapfel?

Vom nordamerikanischen Kontinent; das ursprüngliche Verbreitungsgebiet umfasst Mexiko und den Süden der USA. Die Spanier hatten nach der Eroberung des Aztekenreiches wissentlich und unwissentlich jede Menge Pflanzen und Samen an Bord ihrer Schiffe nach Europa eingeschleppt. Die Stechapfelarten aus der neuen Welt verbreiteten sich rasch über die alte. Mitte des 16. Jahrhunderts tauchen die ersten im „Kreuterbuch“ von ›Leonhart Fuchs auf, dem „Was-blüht-denn-da“-Pflanzenführer der Renaissance.

Der Weiße Stechapfel ist in Deutschland erstmals für 1580 nachgewiesen. Heute wächst die Art fast auf der ganzen Welt.

Wo finde ich den Weißen Stechapfel im Botanischen Garten Gütersloh?

Im Sonnengarten. Auch als Kosmopolit hängt die Staude ihrer ursprünglichen Heimat Mexiko nach und wächst umso üppiger, je sonniger sie steht.

Stechapfel

Wie pflanze ich Weißen Stechapfel im eigenen Garten?

Mit größter Vorsicht. Das Nachtschattengewächs ist hochgiftig. Dass es nicht allzu viele Vergiftungen mit Beteiligung von Kindern gibt, liegt daran, dass die sehr stacheligen und 5 cm dicken Früchte – anders als z. B. die Beeren des Liebesperlenstrauchs – nicht gerade zum Naschen einladen. Die Vergiftungen bei Jugendlichen und Erwachsenen sind meist absichtlich herbeigeführt, dazu weiter unten mehr. Bei der Gartenarbeit sind Handschuhe angeraten, um Hautreizungen nach Kontakt mit dem Pflanzensaft zu vermeiden.

Viel Pflege braucht der Weiße Stechapfel indes nicht – er wächst hierzulande bevorzugt auf Schuttflächen und Wegrändern, sogar auf Müllplätzen, ist also äußerst anspruchslos. Gemeinsam mit seiner dekorativen Blütenfülle hat dieser Umstand aller Giftigkeit zum Trotz zu seiner großen Verbreitung auch in ostwestfälischen Gärten beigetragen.

Wer hätt’s gedacht?

Mindestens ebenso bekannt wie als Zierpflanze sind Stechäpfel für ihre Wirkung – und ihren Missbrauch – als bewusstseinsverändernde Droge. Der Konsum löst recht ausgeprägte, das heißt als real empfundene Halluzinationen aus. Einige Indianervölker nutzten das Rauschmittel, um Visionen zu erzeugen, mit denen sie die Zukunft vorhersagen oder vergangene Verbrechen aufklären wollten.

Der amerikanische Ethnologe ›Carlos Castenada berichtete in den 1970er-Jahren über die Verwendung der Pflanze bei Schamanen der indigenen Völker Mexikos. Sein Buch „Die Lehren des Don Juan“ wurde innerhalb der New-Age-Bewegung ein Bestseller und der Stechapfel eine Modedroge unter Jugendlichen der westlichen Gesellschaften. Da diese Droge einfach, legal und günstig zu beschaffen ist, hält der Reiz bis heute an.

Und das, obwohl viele Konsumenten die angestrebten Traumreisen als recht negativ beschreiben: Die Halluzinationen nach Stechapfel-Konsum sind oft bedrohlicher Natur, mancher erlebt regelrechte Horrortrips, während der Körper typische Vergiftungserscheinungen zeigt und mit Hitzewallungen, Übelkeit und Herzrasen reagiert. Verstärkend kommt hinzu, dass sich die Darmbewegungen verlangsamen und der Rauschzustand bis zu zwei Tage anhalten kann. Ist die Dosierung nur etwas zu hoch, fallen die Konsumenten nach starker aggressiver Erregung bis hin zu Tobsuchtsanfällen ins Delirium, schlimmstenfalls drohen Herz- und Atemstillstand.

Wir empfehlen statt eines zweitägigen Horrortrips einen zweistündigen Spaziergang durch den Gütersloher Stadtpark, wo jeder Besuch eine Traumreise ist …



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